1996-5

Diplom- und Staatsexamensarbeiten

SCHREI, JENNIFER: Untersuchungen zur Ökologie von Berteroa incana (L.) DC. und Cardaria draba (L.) DESV. unter besonderer Berücksichti-gung von Keimung, Vergesellschaftung und Wechselbeziehungen zu Insekten. 1996, 196 S. (D)

Veröff.: (BRANDES, D. & J. SCHREI: Populationsbiologie und Ökologie von Berteroa incana (L.) DC. - Braunschw. naturkdl. Schr., 5: 441-465.)

Zusammenfassung: Berteroa incana (L.) DC. und Cardaria draba (L.) DESV. sind zwei neophytische Vertreter der Brassicaceae, die in Deutschland seit rund 100 Jahren eingebürgert sind. Im Bereich der Städte Braunschweig, Peine, Hildesheim und Salzgitter wurden verschiedene Bestände dieser Pflanzenarten untersucht. Besonderes Interesse galt der Vergesellschaftung und den Wechselbeziehungen zur heimischen Entomofauna. Unter Laborbedingungen wurden Keimversuche durchgeführt: Sowohl Berteroa incana als auch Cardaria draba keimten bei Temperaturen von 5 bis 25 °C. Die Graukresse keimte bei Temperaturen über 15 °C zu mehr als 90 %, die Pfeilkresse erreichte eine maximale Keimsumme von 84 % bei 18 °C. Gequollene Samen von Cardaria draba wurden während der Keimversuche rasch von Schimmelpilzen befallen, wodurch die Keimerfolge beeinträchtigt wurden. Durch eine Vorbehandlung mit Natriumhypochlorid-Lösung wurde die Keimsumme bei 25 °C um mehr als das Dreifache erhöht. Berteroa incana keimte auch unter Lichtausschluß, wohingegen Cardaria draba sich als Lichtkeimer erwies. In verschiedenen Substraten unterschiedlicher Tiefen erreichten Keimlinge beider Kreuzblütler aus maximal 2 cm (in Sand) bzw. 4 cm Tiefe (in Kokohum) die Oberfläche. Zur Überprüfung der vegetativen Reproduktionskraft von Cardaria draba wurden Wurzelstücke verschiedener Länge und unterschiedlichen Durchmessers in Sand oder Kokohum für dreieinhalb Monate kultiviert und auf neu gebildete Sprosse untersucht. Hierbei wurde auch an einem 3 mm dicken und 0,5 cm langen Wurzelstück das Austreiben der einzigen Wurzelknospe festgestellt.
Die Wechselbeziehungen zur Entomofauna wurden beispielhaft an den Käfern (Coleoptera), Schwebfliegen (Syrphidae) und Wanzen (Heteroptera) untersucht, wobei zusätzliche Tierfänge an Lepidium campestre durchgeführt wurden. Es wurden vorwiegend polyphage Arten festgestellt. Die erfaßten Käfer beinhalteten aber auch oligophage Arten (Phyllotreta spp.) und eng an Berteroa incana oder Cardaria draba gebundene Vertreter: An der Graukresse wurde als stenophage Käferart Ceutorhynchus ignitus, an der Pfeilkresse als monophage Art Meligethes lepidii festgestellt. Ceutorhynchus turbatus und C. parvulus wurden als stenophage Käfer an Lepidium campestre und Cardaria draba erfaßt.
Cardaria draba wurde im näheren Untersuchungsgebiet und auf der Insel Helgoland an zahlreichen unterschiedlichen Standorten gefunden. Die Vegetationsaufnahmen aus dem UG belegen, daß diese Art sowohl in artenarmen Beständen als auch in solchen mit zahlreichen Begleitern vorkommt. Hochstet wird Cardaria draba von verschiedenen Arten der Artemisietea begleitet, wohingegen Charakterarten der Ordnung Agropyretalia eher unregelmäßig vertreten sind. Diese Beobachtungen unterstützen die Auflösung der Klasse Agropyretea und die Integration der Ordnung Agropyretalia in die Klasse Artemisietea.
Die untersuchten Berteroa incana-Bestände zeigten ein relativ einheitliches Erscheinungsbild, doch konnten aufgrund der geringen Größe vieler Vorkommen oftmals nur Derivatgesellschaften durch pflanzensoziologische Aufnahmen belegt werden. Größere Bestände zeichneten sich durch eine Vielzahl von Begleitarten (insbesondere der Klasse Artemisietea) aus. Aufgrund der Lage des Untersu-chungsgebietes im Übergangsbereich vom subatlantischen zum subkontinentalen Klima konnten sowohl Vertreter der westlichen als auch der östlichen Rasse des Berteroetum incanae (nach MUCINA & BRANDES 1985) festgestellt werden.
Die Pfeilkresse gedeiht entlang verschiedener Verkehrswege und vermag auch Sonderstandorte wie salzbeeinflußte Halden (zumindest im Randbereich) zu besiedeln. Durch die Anlage von Transekten und Probeflächen wurde versucht, Aufschlüsse über die kleinflächige Verteilung der Cardaria draba-Sprosse in diesen Bereichen zu gewinnen.
Abschließend werden einige Aspekte des Naturschutzes angesprochen.