PSMin (BVL)

Grundlagen der Risikominderungsmaßnahmen zur Abschwemmung von Pflanzenschutzmitteln (PSMin)

Veranlassung:

Im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel (PSM) werden im Hinblick auf mögliche Risiken für Gewässerorganismen und Grundwasserkörper (Einträge aus Oberflächengewässern via Uferfiltration) Expositionsabschätzungen für den Eintragspfad "Abschwemmung in Gewässer (Oberflächenabfluss)" für geneigte Flächen > 2 % Hangneigung und begrenzte Infiltration in die Böden (niedrige Permeabilität im Oberboden) vorgenommen. Sofern die gesetzlichen Zulassungskriterien nicht erreicht werden, müssen - soweit möglich - Anwendungsbestimmungen festgesetzt werden, die den Wirkstoffeintrag (im Wasser gelöst oder an mitgerissene Partikel gebunden) durch oberflächigen Abfluss von Niederschlagswasser reduzieren. Eine tatsächliche Minderung von PSM-Einträgen in Oberflächengewässer wird durch viele Faktoren wie Randstreifen, Bodenstruktur, Breite, Hangneigung, Vegetationsstruktur der bewirtschafteten Fläche beeinflusst.

Zurzeit sind in den verfügbaren Risikominderungsmaßnahmen bewachsene grasige Randstreifen bis zu einer Breite von 20 m neben der Verwendung von Minimalbodenbearbeitungsverfahren vorgesehen. Es liegen zurzeit aber nur wissenschaftliche Daten zu dem Effekt von grasigen Gewässersäumen vor, die auch in den einschlägigen europäischen Leitlinien berücksichtigt wurden. Zu dem risikomindernden Effekt der Wirkung von Streifen von unbehandelten Kulturpflanzen oder Blühstreifen liegen wenige wissenschaftliche Erkenntnisse vor.

Die Transport- und Abbauprozesse von Pflanzenschutzmitteln wurden auf der Feldskala mittels Experimenten und Modellen untersucht. Jedoch stehen derzeit keine quantitativen Werkzeuge zur Verfügung, um die Auswirkung von Landschaftselementen wie Gewässerrandstreifen auf das Transport- und Abbauverhalten von Pflanzenschutzmitteln auf der Flusseinzugsgebietsskala zu prognostizieren. Eine begrenzte Anzahl von wissenschaftlich genutzten, hydrologischen Einzugsgebiets-Modellen ermöglicht die Simulation von Pestizidtransport in mesoskaligen Einzugsgebieten. Diese Modelle haben gemeinsam, dass sie einen semi-distributiven Ansatz zur räumlichen Diskretisierung verwenden. Daher können diese Modelle die Wirkung von Landschaftselementen nur bedingt mit konzeptionellen Ansätzen abbilden, da die hydrologische Konnektivität zwischen den einzelnen Hydrotopen, die auf der größeren Skala an Bedeutung verliert, nicht berücksichtigt wird.

Dem gegenüber stehen physikalisch distributive Modelle. Diese sind meistens rasterbasiert. Der Wasser- und Stofftransport wird mittels physikalischen Ansätzen in Form von partiellen Differentialgleichungen im zwei- oder dreidimensionalen Raum beschrieben. Gegenüber den semi-distributiven, konzeptionellen/physikalisch-basierten Modellen benötigen die physikalisch-distributiven Modelle jedoch extrem lange Rechenzeiten und einen sehr hohen Datenbedarf. Aus diesen Gründen ist eine praktische Anwendung wissenschaftlicher Modelle sehr begrenzt. Hohe Expertenkenntnis in der Modellanwendung und mangelnde Benutzerfreundlichkeit sind weitere Hindernisse für eine praktische Anwendung.

Ziele:

Im Rahmen des Projektes PSMin sollen Beiträge zur Wirkweise von Risikominderungsmaßnahmen zu PSM- Einträgen in Oberflächengewässer infolge von Starkregen erarbeitet werden. Im Forschungsprojekt sollen die folgenden Einflussfaktoren berücksichtigt werden:

  • Einfluss der Länge der Transportpfade und der Fließstrecke
  • Anforderung an die Beschaffenheit des Randstreifens hinsichtlich der vegetationsabhängigen Faktoren wie Durchwurzelung, Bestandsdichte, -breite und -struktur usw..
  • Einfluss der Bodenarten des Randstreifens und der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
  • Einfluss der Landschaftsstruktur und Topographie.
  • Einfluss des Niederschlags

Damit verbunden ist die Frage, auf welche Weise, in welchem Umfang und wo die genannten Landschaftselemente in das Einzugsgebiet eingebracht werden sollen, um die Ziele des Gewässerschutzes zu erreichen und dabei die Fördermöglichkeiteneffizient zu nutzen.

Für ein solches zukünftiges Risikomanagement von Pflanzenschutzmitteln im Bereich Oberflächenabfluss (Run-Off und Erosion) bei extremen Niederschlagsereignissen ist es zunächst erforderlich, mittels Feldexperimenten und prozessbasierter Modellierung erweiterte Erkenntnisse zum Abschwemmungsvorgang und dessen Abminderung zu gewinnen. Hauptziel des Projekts ist deshalb die modellbasierte Prognose der Auswirkungen von Landschaftselementen - Gewässerrandstreifen und andere Elemente auf das Transport- und Abbauverhalten von Pflanzenschutzmittel auf Feld- und Flusseinzugsgebietsskala.

Methoden:

Die beschriebenen Fragestellungen zur Weiterentwicklung der Risikominderungsmaßnahmen zur Abschwemmung werden mittels eines kombinierten Forschungsansatzes untersucht. Dieser kombinierte Forschungsansatz besteht aus Messkampagnen und der Berechnungen des PSM-Eintrags in Oberflächengewässer mittels prozessbasierter, physikalischer Modellierung. Hierfür wird ein wissenschaftliches, aber auch praxisorientiertes Modellsystem zur Prognose der Auswirkung von Landschaftselementen auf den Abbau und den Transport des Pflanzenschutzmittels und ihren Metaboliten entwickelt und eingesetzt.

Abbildung: Projektstruktur und Vernetzung der Arbeitspakete.

Um die Risikominderungsmaßnahmen zu untersuchen wird im Vorfeld der Modellierung ein Testgebiet (eine Testfläche) identifiziert, das für die Feldmessungen und spätere Prognoserechnung geeignet ist. Das Testgebiet sollte hydraulischen Anschluss an ein Fließgewässer haben und eine moderate bis hohe (mindestens 2%) Geländeneigung aufweisen. Weitere Anforderungen an das Testgebiet sind eine aktive landwirtschaftliche Nutzung sowie das Vorhandensein eines Gewässerrandstreifens. Zusätzlich zu dem Testgebiet auf der Feldskala wird ein Flusseinzugsgebiet auf der unteren Mesoskala definiert. Dieses Einzugsgebiet sollte übergeordnet zu dem ausgewählten Testgebiet stehen, d.h. das Testgebiet (die Testfläche) ist Teil des zu modellierenden Einzugsgebiets. Sowohl auf der Feldskala als auch auf der Mesoskala werden Monitoringprogramme durchgeführt, möglichst über zwei Jahre jeweils in der Vegetationsperiode, in der PSM vom Landwirt auf das Testgebiet ausgebracht werden.

Das Transport- und Abbauverhalten von Pflanzenschutzmittel wird im entwickelten Modell deterministisch nachgebildet. Die Szenarien werden im Modell mit spezifischen Parametrisierungen abgebildet. Hierzu gehören unterschiedliche Randstreifen (Breite, Art) und andere Landschaftselemente, die Behandlung mit PSM (Aufwandmenge und Anwendungshäufigkeit) und die meteorologischen Rahmenbedingungen (Extrema). Auf der Mesoskala sollen die kumulativen Wirkungen von verschiedenen Kombinationen von Risikominderungsmaßnahmen quantifiziert werden.

Abschlussbericht

Der Abschlussbericht zum PSMin-Projekt ist über die Seiten der BVL verfügbar.

Förderung

Förderzeitraum: 24.04.2019 bis 31.12.2021

Förderer: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Projektpartner:

  • Technische Universität Braunschweig, Abteilung Hydrologie, Wasserwirtschaft und Gewässerschutz (HYWAG) am Leichtweiß-Institut für Wasserbau (LWI), TU Braunschweig
  • Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Referat 204: Naturhaushalt, Abteilung 2: Pflanzenschutzmittel

Kontakt:

Projektleitung der TU Braunschweig:

Prof. Dr.-Ing. Günter Meon

Prof. Dr.rer.nat. Matthias Schöniger (stv.)

Projektleitung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit:

achim.gathmann(at)bvl.bund.de

Projektkoordination der TU Braunschweig:

Dr.-Ing. Stephanie Zeunert

Projektbearbeitung der TU Braunschweig:

M.Sc. Johanna Schwenkel

Dr.-Ing. Stephanie Zeunert