Durch dieses Vorhaben soll das bislang ungenutzte Schwingfestigkeitspotenzial von thermischen Schnittkanten mit hoher Ausführungsqualität und Kantennacharbeit nutzbar gemacht werden. Im Ergebnis des Vorhabens soll eine Erhöhung der in den Regelwerken gegebenen Bemessungskennwerte erreicht werden. Dadurch können konstruktive Vorteile sowie eine erhöhte Wirtschaftlichkeit erreicht werden. Ferner soll ein Bezug zu den im Stahlbau sowie dem europäischen Schiffbau verwendeten Stahlfestigkeiten, Plattendicken, den Schnittverfahren und den werftüblichen Kantennachbearbeitungen hergestellt werden.
Es liegt die Arbeitshypothese zugrunde, dass der Fertigungsvorgang beim Herstellen freier Blechkanten in Stahlstrukturen sowie die Kantennachbehandlung wesentlichen Einfluss auf die Schwingfestigkeit haben. Insbesondere der Einfluss einer Kantennachbearbeitung wird untersucht, um gezielt Lücken im aktuellen Wissensstand zu schließen. In diesem Vorhaben soll die Betriebsfestigkeit von freien thermisch geschnittenen Blechkanten untersucht werden.
Beim Bau von Schiffen steht heute das Schweißen im Vordergrund, die Betrachtung von freien Brennschnittkanten ist aber ebenso bedeutend, denn Schweißungen sowie freie Brennschnittkanten können zu Schäden (Rissen) führen. Beispiele für freie Brennschnittkanten sind Lukenecken, Tür- und Fensteröffnungen, Erleichterungslöcher, Stegdurchbrüche für Profildurchführungen.
Als Einflussparameter werden neben der Kantennachbearbeitung die Schnitttechnik, die Materialstreckgrenze sowie die Plattendicke variiert und berücksichtigt. Die genannten Parameter werden zurzeit in schiffbaulichen und in stahlbaulichen Regelwerken und Empfehlungen nicht (Schnitttechnik) oder nicht quantitativ (Schnittqualität) erfasst beziehungsweise ihr Einfluss basiert auf veralteten Datenbasen (Streckgrenze). Es soll die Kenntnis zum Zusammenhang von Werkstofffestigkeit, Schneidverfahren, Ausführungsqualität und Schwingfestigkeit in Form von Kerbfällen und FAT-Klassen erarbeitet werden. Sind Schneidprozesse auf Werften oder in stahlbaulichen Betrieben stabil und gesichert, können die freien Blechkanten in geeignete FAT-Klassen eingeordnet und einfach konstruktiv bemessen werden. Eine aufwendige Einzelfallbewertung durch Klassifikationsgesellschaften kann dadurch umgangen werden.
Zum Erreichen der Ziele sind experimentelle Untersuchungen wie Betriebsfestigkeitsversuche sowie Eigenspannungs- und Härtemessungen unumgänglich. Aber auch Berechnungen mit Hilfe der Methode der Finiten-Elemente-Methode zur Spannungsbestimmung sowie Simulationen zur Vorhersage von Eigenspannungsverteilungen werden durchgeführt. Auf diesem Wege kann eine verbesserte Werkstoffausnutzung erreicht werden, aber auch die Verwendung von Stählen mit höheren Streckgrenzen gefördert werden.
Forschungsvereinigung Schiffbau und Meerestechnik e.V. (FSM)
TU Hamburg (TUHH), Institut für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen