Pflanzen produzieren eine Vielzahl an spezialisierten Metaboliten, die zur Anpassung an extreme und wechselnde Umweltbedingungen wichtig sind. Beispiele sind Terpenoide, Flavonoid und Betalaine. Unser besonderes Interesse gilt den Flavonoiden, die für die blaue und rote Färbung vieler Blüten verantwortlich sind. Flavonoide lassen sich in verschiedene Untergruppen einteilen. Dazu gehören die Flavonole, Anthocyane, Proanthocyanidine und Flavone. Die Motivation zur Untersuchung der Flavonoidbiosynthese ist vielfältig.
1) Die zentralen Schritte der Flavonoidbiosynthese sind sehr gut verstanden und wird als Modellsystem für spezialisierten Metabolismus in Pflanzen angesehen. Langjährige Forschung an diesem Biosyntheseweg hat zur Charakterisierung der involvierten Enzyme und Aufklärung der transkriptionelle Regulation der Expression involvierter Gene geführt. Arbeiten im Zusammenhang mit der Flavonoidbiosynthese haben sogar schon zu einem Nobelpreis geführt.
2) Flavonoide haben enormes Potential in biotechnologischen Anwendungen als natürliche Farbstoffe und aufgrund ihrer gesundheitsförderlichen Eigenschaften. Während der zentrale Teil der Flavonoidbiosynthese gut verstanden und über Speziesgrenzen hinweg konserviert ist, gibt es speziesspezifische Unterschiede in der Modifikation der Flavonoide. Ein besseres Verständnis dieser Schritte der Flavonoidbiosynthese in sogenannten 'orphan crops' ist ein Grundlage für eine optimierte Ernährung. Genomeditierung oder Züchtung können schließlich angewendet werden, um den ernährungsphysiologischen Wert von Pflanzen zu steigern.
3) Deutlich sichtbare Phänotypen sind charakteristisch für Mutanten, die einen Knock-out oder einer Überexpression von Genen der Flavonoidbiosynthese zeigen. Diese wichtige Eigenschaft der Flavonoidbiosynthesegene hat die Identifikation von Mutanten erleichert und zur Etablierung als Modellystem beigetragen. Die auffälligen Farbänderungen sind aber nicht nur für die Grundlagenforschung wichtig. Pflanzen mit veränderter Expression von Flavonoidbiosynthesegenen zeigen auf beeindruckende Färbungen und sind daher als Zierpflanzen von Bedeutung.
4) Unsere Forschung analysiert unter anderem die Caryophyllales als exzellentes System zur Analyse der Flavonoidbiosynthese. Diese Pflanzenordnung ist durch eine komplexe Evolution verschiedener Pigmentbiosynthesewege ausgezeichnet. Einige Familien in den Caryophyllales zeigen eine Substitution von Anthocyanen (Gruppe der Flavonoide) durch Betalaine. Betalaine gibt es in keiner Pflanzenspezies außerhalb der Caryophyllales und sie zeigen einen gegenseitigen Ausschluss mit Anthocyanen. Dies bedeutet, dass eine Spezies nur durch Anthocyane oder Betalaine gefärbt ist, aber nicht durch beide Pigmente. Daher bieten die Caryophyllales eine einmalige Gelegenheit zur Untersuchung der Interaktionen zwischen verschiedenen Zweigen der Flavonoidbiosynthese. Es ist möglich die Flavonoidbioynthese zwischen anthocyanin-pigmentierten und nicht-anthocyanin-pigmentierten Spezies zu vergleichen. Dieser Vergleich ermöglicht neue Einblicke in die transkriptionelle Regulation der Flavonoidbiosynthese.
Generell ist die Erforschung von Biosynthesewegen mit biotechnologischem Potential ein Ziel der Gruppe. Die Forschung ist daher nicht auf die Flavonoidbiosynthese beschränkt. Dieser Biosyntheseweg wird jedoch als Modell- und Testsystem für die Entwicklung neuer Ansätze zur Aufklärung weiterer Biosynthesewege verwendet. Dabei werden verschiedene Methoden wie komparative Genomik und speziesübergreifende Transkriptomik kombiniert.
Pflanzengenome enthalten die Baupläne für alle Proteine (Enzyme) einer Spezies. Die Sequenzierung und Analyse von Genomen ist daher ein einfacher Ansatz, um das biochemische Potential einer Pflanzenart zu untersuchen. Besonders die Kombination von genomischen, transkriptomischen und metabolomischen Datensätzen ermöglicht die Identifikation von neuen Biosynthesewegen. Schnelle Entwicklungen von Sequenziertechnologien der dritten Generation (long reads) ermöglichen eine kosteneffiziente Analyse von großen Pflanzengenomen. Die von Oxford Nanopore Technologies (ONT) vertriebenen Sequenzierer sind portabel und können daher überall eingesetzt werden. Die Sequenzierung mittels Nanoporen ermöglicht die Analyse einzelner DNA-Moleküle. Die Bewegung eines DNA-Strangs durch eine Pore blockiert diese in spezifischer Weise und verändert damit die Bewegung von Ionen durch diese Pore. Das elektrische Signal wird über die Zeit gemessen und ermöglicht dann eine Übersetzung in Sequenzinformation. Wir verwenden diese Technologie, um die Genomsequenzen wichtiger Pflanzenspezies zu entschlüsseln. Gleichzeitig bietet diese Technologie eine ausgezeichnete Möglichkeit, um Studierende in Genomsequenzierungsprojekte zu involvieren.
Einige spezifische, biologische Fragestellungen erfordern die Entwicklung bioinformatischer Anwendungen. Dafür werden in der Gruppe überwiegend Python und R verwendet. Alle Tools sind über github (bpucker) frei verfügbar. Im Folgenden werden einige Beispiele vorgestellt: