Die Trends der Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung fĂŒhren zu einer Zunahme an Funktionen in Produktsystemen und damit zu einer Forderung nach neuartigen Konstruktionsprinzipien sowie Fertigungskonzepten. Heutige Produkte weisen immer mehr FunktionalitĂ€ten auf. Die Integration von zusĂ€tzlichen Funktionen bietet dabei die Möglichkeit zur Reduzierung des Gewichts sowie der MontageumfĂ€nge. Durch die Möglichkeit zur Applikation unterschiedlicher Werkstoffe innerhalb eines Bauteils, bietet die in der ersten Phase des Projekts fokussiert betrachtete Hybridbauweise groĂes Potential hinsichtlich einer Integration zusĂ€tzlicher Funktionen in Strukturbauteile. Neben der Steigerung der Bauteilperformance (bspw. Steifigkeit, Festigkeit oder Energieaufnahme) bei gleichzeitiger Reduzierung der Bauteilmasse und somit der Emissionen wĂ€hrend der Nutzungsphase durch die Hybridbauweise bietet die Funktionsintegration weitere technische und wirtschaftliche Potentiale hinsichtlich einer integralen Gestaltung von Bauteilen durch die nicht mehr notwendige Montage und somit eine weitere Steigerung der Bauteilperformance. Diesen Potentialen steht jedoch eine Vielzahl an Herausforderungen gegenĂŒber. Eine der zentralen Herausforderungen stellt die Trennbarkeit der zum Teil intensiven Materialmixe dar. Diese gewinnt aus ökologischen, aber auch durch immer strenger werdende gesetzliche Rahmenbedingungen ökonomischen Gesichtspunkten mehr und mehr an Bedeutung und bildet eine der zentralen Fragestellungen in der zweiten Phase des Projekts.
Im Rahmen der Circular Economy wird eine maximale KreislauffĂ€higkeit der Produkte bzw. der eingesetzten Materialien angestrebt. Neben der VerlĂ€ngerung des Produktlebenszyklus spielt auch die Wiederverwendung von Produkten oder Teilkomponenten eine entscheidende Rolle. Die AnsĂ€tze mĂŒssen dabei allen technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Anforderungen genĂŒgen. Dies fĂŒhrt zu einem Spannungsfeld insbesondere zwischen den Themen Funktionsintegration und Circular Economy. Die Planung bzw. BerĂŒcksichtigung unterschiedlicher Strategien ist deshalb essentiell fĂŒr die nachhaltige Planung von Funktionsintegration. So sollten AnsĂ€tze der Funktionsintegration reparaturfĂ€hig oder robust sein, um die Lebenszeit des Produkts nicht zu verkĂŒrzen. Sollte dies nicht möglich sein, sind die Funktionen in Module zu integrieren, die austauschbar sind. Neben der Obsoleszenz durch einen Defekt können auch veraltete Komponenten, bspw. bezogen auf eine Gewisse Funktion, zu einem vorzeitigen Lebensende fĂŒhren. Dieser Umstand kann auch hinderlich bei der Wiederverwendung bestimmter Module sein. So sollten bestimmte Funktionen nicht in langlebige/wiederverwendbare Module integriert werden.
FĂŒr eine solche Planung bedarf es grundlegender Kenntnisse ĂŒber die Auswirkungen der Funktionsintegration auf das Bauteil bzw. auf die Funktion. Diese EigenschaftsfrĂŒherkennung bezieht sich sowohl auf allgemeine Aspekte (Wirtschaftlichkeit, Gewicht, ReparaturfĂ€higkeit etc.) als auch auf spezifische Aspekte der jeweiligen Funktionsintegration (Korrosion, WĂ€rmeentwicklung, EMV etc.). Da sich die Entwicklung eines funktionsintegrierten Bauteils hĂ€ufig ĂŒber unterschiedliche DomĂ€nen erstreckt (z.B. mechanisch, elektronisch/elektronisch, thermisch), bedarf es einer methodischen UnterstĂŒtzung, um die Auswirkungen der Integration domĂ€nenĂŒbergreifend beurteilen zu können. Je nach Anwendungsfall ergeben sich sehr unterschiedliche Randbedingungen hinsichtlich der Umsetzbarkeit von Funktionsintegration in Verbindung mit Circular Economy. MaĂgebliche Faktoren sind dabei die Produktlebenszeit, LosgröĂen, Beanspruchungen wĂ€hrend der Nutzung oder Einsetzbarkeit unterschiedlicher Materialien aus Nutzungsanforderungen oder Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen. Im Rahmend es Projekts werdend deshalb zwei sehr unterschiedliche AnwendungsfĂ€lle mit individuellen Herausforderungen betrachtet.
In diesem Spannungsfeld befasst sich das BMBF-geförderte Projekt TechnoHyb im Rahmen des Forschungscampus Open Hybrid LabFactory mit der Entwicklung einer nachhaltigen Funktionsintegration. Als Anwendungsfall werden dabei erstmals die beiden AnwendungsfÀlle Flexible LadesÀule und Flugwindkraftanlage innovativ miteinander kombiniert.
Flugwindkraftanlagen sind ein neuartiger Ansatz zur Steigerung der Energieausbeute von Windkraftanlagen. Um den aus CFK bestehenden in Ultraleichtbauweise gefertigten FlĂŒgel der Anlage möglichst langlebig zu gestalten, wird im Projekt TechnoHyb ein integriertes Sensornetzwerk zur Lastanalyse entwickelt, welches sich am Lebensende von der Struktur trennen lĂ€sst. Zudem erfolgt die Entwicklung von austauschbaren VerschleiĂteilen unter Betrachtung alternativer Recyclingrouten und resultierender Umweltwirkungen anhand verschiedener Anwendungsszenarien, um die Lebensdauer der CFK-Struktur zu verlĂ€ngern. Somit trĂ€gt das Projekt dazu bei, erneuerbare Energien nicht nur CO2-neutral, sondern auch zirkulĂ€r zu gestalten.
Die flexible LadesĂ€ule als zweiter Anwendungsfall stellt einen entscheidenden Baustein fĂŒr eine flĂ€chendeckende Ladeinfrastruktur fĂŒr Elektrofahrzeuge dar. Durch das Zwischenspeichern von Strom in den integrierten Batterien ermöglicht die LadesĂ€ule ein Schnellladen auch bei niedrigeren Anschlussleistungen und kann sogar ohne Netzanschluss betrieben werden. Im Rahmen des Projekts TechnoHyb werden Konzepte entwickelt, um die ZirkularitĂ€t der LadesĂ€ule zu verbessern. Aufbauend auf einer Demontage- und Zerlegungsanalyse der gesamten LadesĂ€ule werden Konzepte zu deren Verbesserung anhand der aktuellen Bauweise entwickelt. AnschlieĂend werden alternative Materialien unter Betrachtung der Recyclingrouten sowie eine grundlegende Neugestaltung der LadesĂ€ule hinsichtlich ZirkularitĂ€t untersucht. Aufgrund der Vielzahl an benötigten Lademöglichkeiten ist die zirkulĂ€re Gestaltung von LadesĂ€ulen ein essentieller Stellhebel in der ZirkularitĂ€t der ElektromobilitĂ€t.
Beide AnwendungsfĂ€lle werden abschlieĂend zu einer Autarken Mobilen Ladeinfrastruktur verknĂŒpft, um die Möglichkeiten einer netzunabhĂ€ngigen Ladeinfrastruktur zu untersuchen. Mögliche AnwendungsfĂ€lle sind hierbei Insellösungen, entlegene Gebiete ohne Netzanschluss, schwach entwickelte Regionen oder auch Krisengebiete. Hierdurch kann eine zentrale LĂŒcke in der Ladeinfrastruktur geschlossen und die Elektrifizierung der MobilitĂ€t weiter vorangetrieben werden.
Das Projekt TechnoHyb leistet somit einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer zirkulĂ€ren Gesellschaft in den Bereichen der erneuerbaren Energieerzeugung und der automobilen Ladeinfrastruktur. Im Zuge der gemeinsamen Projektarbeit der beteiligten Partner entstanden innovative LösungsansĂ€tze fĂŒr eine disruptive Innovation. So wird die Industrie befĂ€higt, die Herausforderungen auf dem Weg zu einer zirkulĂ€ren Gesellschaft zu meistern. DarĂŒber hinaus werden die Ergebnisse neben öffentlich zugĂ€nglicher Veröffentlichungen auch direkt innerhalb des Netzwerks der Open Hybrid LabFactory auf andere Produkte, Partner und Branchen ĂŒbertragen und der Mehrwert somit vervielfacht.
Bei Interesse an den aktuellen Projektergebnissen kontaktieren Sie uns gern.
Institut fĂŒr Konstruktionstechnik der TU Braunschweig
Fraunhofer-Institut fĂŒr Werkzeugmaschinen und Umformtechnik
Volkswagen Group Charging GmbH - Elli
Das Vorhaben TechnoHyb â âProzess- und Werkzeugtechnologien fĂŒr funktionsintegrierte hybride Bauweisenâ wird im Rahmen des Forschungscampus Open Hybrid LabFactory durch das Bundesministerium fĂŒr Bildung und Forschung gefördert und durch den ProjekttrĂ€ger Karlsruhe betreut.