Zukunft Familie IV

Längsschnittstudie zur Vorhersage von psychischer Gesundheit und Lebensqualität junger Erwachsener und zur Überprüfung der langfristigen Wirksamkeit einer universellen Präventionsmaßnahme

Gefördert von der DFG (Förderkennzeichen: JO 1632/1-1)

Projektteam und Ansprechpartner

Dr. Ann-Katrin Job (Projektleitung)

M. Sc. Aline Debener (Projektkoordination)
M. Sc. Emma Drewes (Projektkoordination)
M.Sc. Max Supke (Projektkoordination)

Studentische MitarbeiterInnen

Lara Brinkhaus, Svenja Mrugalla, Lena Windisch

Prävalenzraten von Verhaltensproblemen im jungen Erwachsenenalter

Die jährliche Prävalenzrate psychischer Störungen im Erwachsenenalter liegt derzeit bei knapp 30 %, wobei junge Erwachsene im Alter von 18 bis 34 Jahren mit 37 % die höchste 12-Monats-Prävalenz psychischer Störungen im Vergleich zu allen anderen Altersgruppen aufweisen. Die hohen Raten psychischer Störungen im jungen Erwachsenenalter legen die Notwendigkeit nahe, Zusammenhänge zu bedingenden Faktoren näher zu untersuchen, um adäquate Präventions- und Interventionsmaßnahmen einsetzen zu können.

Prävention von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter – Vorläuferprojekte Zukunft Familie I, II und III

Im Hinblick auf die Prävention von emotionalen und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen wurden im Rahmen des „Zukunft Familie“-Projekts seit 2001 der Einfluss verschiedener Risiko- und Schutzfaktoren auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sowie die Wirksamkeit einer universellen Präventionsmaßnahme − des positiven Erziehungsprogramms Triple P − untersucht.

Das „Zukunft Familie“-Projekt gliedert sich bislang in drei Teilprojekte:

„Zukunft Familie I“ (Projektstart: 2001)
Beim DFG-Projekt „Zukunft Familie I“ (ZF-1; HA 1400/14-1-3; 4-5: Wirksamkeit universeller Präventionsmaßnahmen zur Reduktion externaler und internaler Störungen bei Kindern im Vorschulalter) handelte es sich um eine randomisierte Kontrollgruppenstudie, die in der Region Braunschweig durchgeführt wurde. Im Rahmen des Projekts wurden mit Hilfe eines multimodalen diagnostischen Ansatzes Daten von 280 Familien mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren über einen Zeitraum von vier Jahren erhoben. Nach der ersten Erhebung wurde 186 Familien die Teilnahme an einem Triple P-Elterngruppentraining angeboten (Interventionsgruppe, IG), während die weiteren 94 Familien der Kontrollgruppe ohne Intervention (KG) zugewiesen wurden.  Kurz nach der Teilnahme der Eltern an dem Training sowie nach einem Jahr ergaben sich für die Mütter in Zwei-Eltern-Familien der IG im Vergleich zur KG signifikante Effekte bei fast allen Variablen. So gaben die Mütter der IG unter anderem ein besseres Erziehungsverhalten sowie geringere Verhaltensauffälligkeiten bei ihrem Kind an. Bei erneuten Erhebungen nach zwei, drei und vier Jahren zeigte sich in der Einschätzung der Mütter immer noch eine Steigerung des positiven Erziehungsverhaltens, eine Reduktion des dysfunktionalen Erziehungsverhaltens sowie der kindlichen externalisierenden Verhaltensauffälligkeiten. Bei den internalisierenden Auffälligkeiten waren nach drei Jahren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen mehr nachweisbar. Die Ergebnisse bestätigen die langfristige Wirksamkeit des Triple P.

Zukunft Familie II (Projektstart: 2003)
Im Rahmen des Projekts „Zukunft Familie II“ (ZF-II; gefördert durch die Jacobs-Stiftung) wurde 197 Familien aus sozial benachteiligten Braunschweiger Stadtgebieten die Teilnahme an einem Triple-P Training angeboten. Die Erhebung der Daten erfolgte zu vier Messzeitpunkten innerhalb von zwei Jahren. Das Ziel der Studie war zum einen zu prüfen, ob Familien durch unterschiedliche Anreize zu einer höheren freiwilligen Teilnahme motiviert werden können, zum anderen, ob sich unterschiedliche Settings (Einzel- vs. Gruppentraining) auf die Wirksamkeit auswirken. Es zeigte sich, dass (1) das Elterntraining auch in einer sozial benachteiligten Umgebung deutliche Effekte hervorrief, und (2) die beiden Anreizbedingungen auf Teilnahme und Wirksamkeit differenziell Einfluss nahmen. Während Bezahlung (nicht das Setting) die Teilnahmebereitschaft von Eltern deutlich erhöhte (46% der Eltern im Vergleich zu 26 % ohne Bezahlung), wirkte sich das Setting auf die Wirksamkeit aus: Im Einzeltraining veränderte sich das Erziehungsverhalten stärker als im Gruppentraining.

Zukunft Familie III (2011 − 2013)
Das Ziel des DFG-Projekts „Zukunft Familie III“ (ZF-III; HA 1400/17-1, 2: Prävention von emotionalen Störungen im Jugendalter) war es die Familien aus den Vorläuferprojekten „Zukunft Familie I“ und „Zukunft Familie II“ nach 10 Jahren erneut zu befragen. Von den ursprünglich 477 Familien nahmen an der erneuten Erhebung 10 Jahre später  noch 361 Familien teil (Retentionsrate: 76%). Nachdem das Alter der Kinder bei der ersten Untersuchung (2001/2003) zwischen 3 und 6 Jahren lag (M = 4.2 J.; Jungen 53%), waren die Jugendlichen bei dieser Erhebung überwiegend zwischen 13 und 16 Jahre alt (M = 14.1 J.; Jungen 54%). Die erneute Befragung nach 10 Jahren ermöglichte, (1) internale und externale Verhaltensauffälligkeiten, (2) Suchtverhalten, (3) sexuelles Risikoverhalten sowie (4) Bullying im Jugendalter anhand der in den beiden Vorläuferprojekten erfassten Risiko- und Schutzfaktoren vorherzusagen. Außerdem wurde untersucht, ob die Teilnahme der Eltern an dem vor zehn Jahren durchgeführten Elterntraining für die Entwicklung der Jugendlichen von Bedeutung war.

Im Ergebnis zeigte sich, dass sowohl in der Einschätzung ihrer Eltern als auch in ihrer eigenen Einschätzung circa 15% der Jugendlichen zum Zeitpunkt der Untersuchung internalisierende Verhaltensprobleme, wie beispielsweise sozialen Rückzug, Ängstlichkeit, depressive Verstimmung oder körperliche Beschwerden, aufwiesen. Externalisierende Verhaltensprobleme, wie beispielsweise aggressives oder delinquentes Verhalten, wurden von rund 6% der Jugendlichen selbst angegeben. Die elterliche Einschätzung lag hierbei mit rund 11% etwas höher, was die Bedeutsamkeit verschiedener Informationsquellen widerspiegelt. Weiterhin konnten eine Reihe von Faktoren, welche mit psychischen Auffälligkeiten zusammenhängen, identifiziert werden. So konnten gezeigt werden, dass Jugendliche, die viel Zeit in sozialen Onlinenetzwerken verbrachten, einen problematischen Alkoholkonsum beschrieben oder eine Computerspiel-/Internetabhängigkeit berichteten, häufiger Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen. Die Familien, die im Rahmen der Projekte „Zukunft Familie I“ und „Zukunft Familie II“ an dem Elterntraining Triple P teilgenommen hatten, profitierten auch nach 10 Jahren noch von der Teilnahme. Auch wenn die Unterschiede nur gering waren, gaben die Familien, die am Triple P teilgenommen hatten, etwas weniger negatives Erziehungsverhalten, eine etwas höhere Partnerschaftszufriedenheit und ein etwas geringeres Ausmaß von Verhaltensauffälligkeiten bei ihren Kindern an als die Familien, die zehn Jahre zuvor nicht an dem Elterntraining teilnahmen. 

Prävention von psychischen Störungen im jungen Erwachsenenalter – das Projekt „Zukunft Familie IV“ (2020-2022) 

Im Rahmen des DFG-Projekts „Zukunft Familie IV“ (ZF IV; JO 1632/1-1: Längsschnittstudie zur Vorhersage von psychischer Gesundheit und Lebensqualität junger Erwachsener und zur Überprüfung der langfristigen Wirksamkeit einer universellen Präventionsmaßnahme) werden die Familien der Vorläuferprojekte nach insgesamt 18 Jahren erneut befragt. Der Zeitpunkt der Fortführung des Projekts ist besonders günstig, da die Jugendlichen der letzten Erhebung nun alle volljährig sind und überwiegend die Schule beendet haben. In diesem Lebensabschnitt erwarten die meisten jungen Erwachsenen viele neue Herausforderungen, Entwicklungen und Einflüsse.

Damit bietet das Projekt die Möglichkeit einer längsschnittlichen Untersuchung, um die Ent-
wicklung der Jugendlichen im Übergang zum Erwachsenalter weiter zu betrachten. Darüber hinaus ermöglicht die erneute Befragung auch eine nähere Untersuchung der aktuellen Situation der Eltern. 

Folgende Fragen sollen im Rahmen von „Zukunft Familie IV“ untersucht werden:

  • Wie sieht die aktuelle Situation der jungen Erwachsenen aus?
    • Wie viele wohnen noch zu Hause?
    • Wie viele machen eine Ausbildung oder ein Studium?
    • Wie viele geben an, klinisch relevanten psychischen Auffälligkeiten (z.B. Depressionen, Ängste, Abhängigkeitserkrankungen) zu haben?
    • Was beeinflusst die Entwicklung von jungen Erwachsenen?
    • Welche Faktoren tragen zu einer gesunden Entwicklung bei, welche Faktoren wirken sich negativ aus?
    • Wie können Probleme beim Übergang zum Erwachsenenalter verhindert werden?
  • Wie sieht die aktuelle Situation der Eltern aus?
    • Wie viele geben an, klinisch relevanten psychischen Auffälligkeiten (z.B. Depressionen, Ängste, Abhängigkeitserkrankungen) zu haben?
    • Welche Faktoren hängen mit psychischen Auffälligkeiten zusammen?
  • Zeigt die Präventionsmaßnahme (Erziehungsprogramm Triple P) bei den jungen Erwachsenen oder ggf. den Eltern nach 18 Jahren noch nachhaltige Effekte?