Die Digitalisierung im Bauwesen ermöglicht nicht nur eine Optimierung von Bauabläufen und -prozessen sondern, durch den Einsatz von BIM, auch das Monitoring eines Bauwerks von der Planung über die Nutzung bis zum Abriss. Ziel ist es, dabei eine exakte digitalisierte Kopie eines realen Tragwerks zu erzeugen und durch dieses bessere Entscheidungen während der Lebensdauer und dem Abriss treffen zu können, einen sogenannten digitalen Zwilling (engl. digital twin) zu erzeugen. Dieser digitale Zwilling wird in der Regel durch komplexe und hochaufgelöste numerische Modelle abgebildet.
Während des Bauprozesses und der Lebensdauer eines Bauwerks ändert sich dessen Beschaffenheit. Änderungen können dabei aus Beschädigungen des Tragwerks, der Degradation von Materialien oder fehlerhaft verbauten Materialien und Querschnitten resultieren. Um diese Eigenschaften effizient in den digitalen Zwilling einzupflegen bedarf es einer automatisierten Methode die auf Grundlage von Messungen am realen Bauwerk Rückschlüsse auf dessen Zustand ermöglicht.
Die System Identifikation beschäftigt sich mit genau diesem automatisierten Updaten von Berechnungsmodellen basierend auf real gemessenen Systemantworten.
Der Abgleich eines numerischen Modells mit einem realen Tragwerk erfolgt auf der Ebene von gemessenen Systemantworten. Diese werden durch spezifisch gewählte Laststellungen so erzeugt, dass ein möglichst großer Anteil des Tragwerks am Lastabtrag beteiligt ist. Je größer dieser Anteil ist, desto mehr Informationen enthalten die Messdaten über den Zustand des Tragwerks.
Auf Grundlage der gemessenen Daten kann ein Vergleich mit den aktuellen numerischen Ergebnissen eines Berechnungsmodells angestellt werden. Im Regelfall stimmen die Messdaten dabei nicht mit den numerischen Ergebnissen überein. Um dies zu korrigieren wird die Abweichung der numerischen Ergebnisse als Optimierungsproblem im Bezug auf bestimmte Parameter des Modells formuliert und gelöst. Das so angepasste Modell kann die Messdaten bestmöglich reproduzieren und kann als digitale Representation des echten Tragwerks angesehen werden.
Das Instrumentieren eines Tragwerks mit Sensoren ist kostspielig, so dass in der Regel nur wenige Messwerte für die Indentifikation von hoch aufgelösten und hoch komplexen Berechnungsmodellen zur Verfügung stehen. Dies führt zu stark unterdeterminierten Optimierungsproblemen die nicht mehr eindeutig lösbar sind. Die Erarbeitung von neuen Regularisierungstechniken und Ansätzen zur Lösung dieser schlecht gestellten Probleme ist Teil dieses Forschungszweigs.
Alle im Folgenden dargestellten Ergebnisse wurden mit künstlichen Verschiebungsmessungen berechnet.