Wie Zecken in die Haut kommen - der Einstich-Mechanismus der
Mundwerkzeuge des Gemeinen Holzbocks Ixodes ricinus
Der Gemeine Holzbock, die Zecke Ixodes ricinus, Überträger zahlreicher Erreger, wie die der Lyme-Borreliose, braucht seine Mundwerkzeuge, um in die Haut seines Wirtes einzudringen und um sich dann in der Haut für etwa eine Woche zu verankern und sich vollzusaugen. Mit Filmaufnahmen, rasterelektronischer und konfokaler Mikroskopie haben wir den Prozess des Einstichs dokumentiert und interpretiert. Zuerst ritzen die paarigen Chelizeren (Kieferklauen) die Haut durch abwechselndes teleskopartiges Ausfahren oberflächlich an, um einen Ansatzpunkt zu schaffen. Anschließend werden beide Chelizeren abgewinkelt und gleichzeitig wiedereingezogen, um so den mit Widerhaken versehenen Unterkiefer, das Hypostom, ähnlich wie ein Brustschwimmer in die Haut zu stoßen. Diese ratschen-ähnliche Bewegung der beweglichen Chelizeren erlaubt es den Ixodes-Zecken, dynamisch in die weiche Hautmatrix des Wirts einzudringen und ihr starres Hypostom statisch und stabil zu verankern.
Publikation: Richter D, Matuschka F-R, Spielman A, Mahadevan L. How ticks get under your skin - Insertion mechanics of the feeding apparatus of Ixodes ricinus ticks. Proc Roy Soc B, 2013, doi: 10.1098/rspb.2013.1758
Internationale Pressereaktionen auf die Publikation
© Dania Richter
Der Zecke ins Maul geschaut. Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Mundwerkzeuge einer weiblichen Ixodes ricinus Zecke. Die dorsale Oberfläche des Hypostoms ähnelt einem Bassin (100 µm weit), es ist auf seiner Unterseite mit Reihen von hervorstehenden, rückwärts gerichteten Zähnchen besetzt. Die ventralen Oberflächen der paarigen Chelizerenschäfte bedecken das Hypostom so, dass eine Röhre geformt wird, durch die die Nahrung in die Mundöffnung der Zecke und umgekehrt der Speichel in die Haut des Wirts strömt. Die Chelizerenbündel mit ihren Widerhaken sind seitwärts abgewinkelt.
Filmaufnahme zum Einstich einer Zeckennymphe in die Haut.
© Dania Richter
Trickfilm "Oberflächliches Anritzen"
Die Spitzen der Chelizeren (Kieferklauen) kommen mit der Haut des Wirts in Kontakt, die Palpen (Taster) werden leicht zur Seite gespreizt. Die paarigen Chelizeren, die über das Hypostom (Unterkiefer) herausragen, bewegen sich abwechselnd seitwärts und verursachen so gemeinsam eine kleine Delle in der Haut.
© Dania Richter
Trickfilm "Einführen der Chelizeren"
Jede der paarigen Chelizeren wird ein kleines Stück in die Haut geschoben, seitlich abgewinkelt, wodurch sie sich mit ihren mit Widerhaken bewehrten Fingern in der Hautmatrix verankert, und wieder eingezogen. So graben sich die Chelizeren abwechselnd immer tiefer, aber nur bis zu ihrem Kugelgelenk in die Haut ein.
© Dania Richter
Trickfilm "Hypostom-Umhüllung"
Das gleichzeitige Einziehen der gebeugten Chelizerenbündel führt dazu, dass die Haut des Wirts über das Hypostom gezogen wird, und erinnert an die Bewegung eines Brustschwimmers. Mit diesem ratschenartigen Vorgang schiebt die Zecke ihr Hypostom in die Haut ihres Wirts und verankert es dort.
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Konfokalmikroskopische Aufnahme des Hypostoms, der Chelizeren und Palpen einer Zeckennymphe Ixodes ricinus.
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Konfokalmikroskopische Aufnahme des Chelizerenpaares einer Zeckennymphe Ixodes ricinus. Die durchscheinende Aufnahme ermöglicht es, Gelenke und Sehnen zu erkennen.
© Dania Richter
Konfokalmikroskopische Aufnahme einer Chelizere einer Zeckennymphe Ixodes ricinus. Die Positionen der einzelnen Chelizerenfinger zu einander und das Kugelgelenk sowie die dicke laterale und dünnere mediale Sehne sind erkennbar.