Ziel der Abteilung Numerische Methoden ist die Simulation und Modellierung von Produktionsverfahren. Hierbei werden virtuelle Prozessketten erforscht, die verschiedene Einzelmodelle im Sinne eines ganzheitlichen Produkt- und Produktionsengineering koppeln. Unsere Modelle ermöglichen es, Prozesseinflüsse und Wechselwirkungen zu analysieren und ein erhöhtes Prozessverständnis zu erlangen. Die numerischen Ansätze werden zudem mit Methoden der Künstlichen Intelligenz erweitert um recheneffiziente, physikbasierte Modelle zur Optimierung und Regelung im Betrieb aufzustellen. Die Abteilung Numerische Methoden ist querschnittlich ausgerichtet und fokussiert Fragestellungen aus den verschiedenen Forschungszentren.
Wir bieten studentische Arbeiten in den folgenden Themengebieten an:
Faser-Kunststoff-Verbunde (FKV) bieten aufgrund Ihrer hohen spez. mech. Eigenschaften ein hohes Leichtbaupotenzial hinsichtlich des Einsatzes in automobilen Bauteilen an. FKVs mit einer thermoplastischen Matrix (TFKV) zeichnen sich dabei durch kurze Verarbeitungszyklen aus, wodurch sie für die automobile Großserie besonders geeignet sind. Halbzeuge, wie Organobleche oder Laminate, lassen sich im Thermoformingprozess zu schalenförmigen Strukturbauteilen verarbeiten, wobei es bei komplexeren Bauteilen oft zu ungewolltem Faltenwurf kommt, welcher die Bauteilqualität mindert. Um diesen Deformationsmechanismus entgegenzuwirken ist die Einstellung vieler Prozessparameter wichtig, um dem Faltenwurf in strukturrelevanten Bauteilbereichen entgegenzuwirken.
Neue Werkzeugtechnologien für das Thermoformen befassen sich mit dem Einsatz segmentierter Formeinsätze. Durch die geeignete Partitionierung sowie Sequenzierung (Anfangsauslenkung der Segmente gegeneinander) der Stempelsegmente kann eine zusätzliche Reduzierung des Faltenwurfs erzielt werden. Dies eröffnet jedoch einen neuen, großen Parameterraum, der durch reine experimentelle Versuche nicht abgebildet werden kann.
Hier ermöglichen numerische Simulationen einen detaillierten Einblick in den Thermoformingprozess und die Prozessparametereinstellung. Diese Modelle zeichnen sich jedoch durch eine sehr hohe Komplexität aus und benötigen einen teilweise hohen Zeitaufwand mehrerer Stunden. Ein weiterer Schritt zur Verkürzung der Rechenzeit bei gleichzeitiger umfassender Optimierung bietet daher der Einsatz von Ansätzen des maschinellen Lernens und künstlicher Intelligenz (KI). Diese können mit Hilfe einer FEM-Datenbank befähigt werden, das Optimierungsproblem von geeigneter Segmentierung und Sequenzierung der Formsegmente effizient zu lösen.
Im Rahmen von studentischen Arbeiten sollen verschiedene Teilaufgaben des vorgestellten Themengebietes bearbeitet werden. Ziel ist es, dass Drapierverhalten von FKV im Thermoformingprozess numerisch abbilden zu können und Optimierungsprobleme hinsichtlich der Einstellung von Prozessparametern zeiteffizienter durch KI-Einsatz zu gestalten. Der aktuelle Bearbeitungsstand bedingt eine eher theoretische Ausarbeitung im Bereich der Simulation und Programmierung. Darüber hinaus können ebenfalls experimentelle Aufgaben zur Validierung entwickelter numerischer Modelle anfallen. Umfang und Dauer der Arbeit richtet sich nach Art der jeweiligen studentischen Arbeit. Nachfolgend sind die Schwerpunkte des vorgestellten Themengebiets aufgelistet, woraus sich studentische Arbeiten in Absprache ableiten lassen:
Modellierung und Simulation: Weiterentwicklung eines parametrisierten Simulationsmodells zum Thermoformen von FKV-Materialien in LS-Dyna. Entwicklung thermo-mechanischer Modelle; Entwicklung von Mehrlagenmodellen; Aufbau FEM-Datenbank von Umformgeometrien; Grundlagenbetrachtung Materialführungssystem; Grundlagenbetrachtung Segmentierung und Sequenzierung.
Entwicklung von KI-Algorithmen: Entwicklung und Modellierung von KI-Algorithmen (z.B. Neuronale Netze), auf Basis von Simulationsdaten.
Validierung und Optimierung: Validierung des Simulationsmodells anhand von realen Thermoformprozessen. Vergleich der virtuellen Ergebnisse mit den tatsächlichen Ergebnissen. Ist das Simulationsmodell ausreichend, bilden die KI-Algorithmen die Realität ausreichend ab.
Fachrichtung: Maschinenbau, CSE oder vergleichbar
Ansprechpartner: Jan Middelhoff
Die Umformung von Metallen ist ein entscheidender Fertigungsprozess, der die Verformung metallischer Materialien zur Erreichung gewünschter Formen und Strukturen umfasst. Diese Materialien gelten später als die grundlegenden Bausteine in wichtigen Industriezweigen wie der Automobil-, Luft- und Raumfahrt- sowie der Maschinenbauindustrie, was die Bedeutung des Umformprozesses noch deutlicher macht. Nicht nur das, sondern auch das Material kann mit Hilfe dieser Prozesse stärker und nützlicher gemacht werden. Aufgrund der Komplexität der Anwendung können diese Prozesse jedoch auch gleichzeitig sehr anspruchsvoll sein, insbesondere mit herkömmlichen Trial-and-Error Ansätzen.
Simulation spielt eine entscheidende Rolle im Bereich der Metallumformung aufgrund ihrer Fähigkeit, das komplexe Verhalten von Metallen unter verschiedenen Umformprozessen zu modellieren und vorherzusagen. Durch den Einsatz von Simulationstools können Hersteller die Prozesse vor dem Beginn der physischen Produktion virtualisieren. Dies reduziert nicht nur die Notwendigkeit für teure und zeitaufwändige Prototypen, sondern hilft auch, den Materialeinsatz zu minimieren. Gleichzeitig hilft die Simulation, optimale Bedingungen zu identifizieren, Designs zu verfeinern und potenzielle Defekte zu erkennen, was die Gesamtzuverlässigkeit der Metallumformprozesse verbessert.
Dennoch können Simulationen mit zunehmendem Grad an Komplexität in Bezug auf Zeit und Aufwand eingeschränkt sein, insbesondere wenn sie delikate Interaktionen zwischen Material, Werkzeugen und der Fertigungsumgebung umfassen und zu einem Gesamtsystem mit vielen Körpern und Multiphysik führen. Die Kopplung von Simulation und KI kann dieses Problem lösen. KI-gesteuerte Simulationen können schnell umfangreiche Datensätze und komplexe Variablen analysieren, um die Optimierung von Metallumformprozessen zu beschleunigen. Dies beschleunigt den gesamten Prozess, indem die Zeit für Trial-amd-Error Ansätze reduziert wird.
In Anbetracht des umfangreichen Bereichs der Simulation und ihrer Kopplung mit fortschrittlichen Algorithmen für komplexe Fertigungsprozesse wie die Umformung besteht die Möglichkeit, verschiedene Forschungsthemen in Form von Studienarbeiten zu entwerfen und zu planen. Der Umfang und die Dauer der Arbeit hängen von der Natur jeder Studienarbeit ab. Ein Studienarbeit im Bereich der Metallumformung kann in Verbindung mit folgenden erweiterten Bereichen durchgeführt werden:
Gekoppelte Multiphysik-Simulationen: Untersuchung der Integration mehrerer Physiksimulationen, wie thermischer und mechanischer Aspekte, um ein umfassenderes Verständnis des Metallumformprozesses zu ermöglichen.
High Perfomance Computing: Untersuchung der Anwendung von High Performance Computing (HPC) und paralleler Verarbeitung zur Beschleunigung von Metallumformsimulationen, um größere und detailliertere Modelle zu ermöglichen.
Data Driven Ansätze: Untersuchung der Integration Data Driven Ansätze, wie maschinelles Lernen, in Metallumformsimulationen zur Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit und Ermöglichung selbstlernender Modelle.
Optimierung: Fokus auf der Entwicklung und Anwendung von Optimierungsalgorithmen zur Verbesserung von Metallumformprozessen unter Berücksichtigung von Faktoren wie Energieeffizienz, Reduzierung der Zykluszeit und Materialausnutzung.
Digitaler Zwilling: Erkundung des Konzepts eines digitalen Zwillings für Metallumformprozesse, der Echtzeitdaten mit Simulationsmodellen integriert, um eine virtuelle Repräsentation für Überwachung, Analyse und Optimierung zu schaffen.
Fachrichtung: Maschinenbau, CSE oder vergleichbar
Ansprechpartner: Syed Sarim Ali
Die Vorteile von neuronalen Netzen wurden in einer Vielzahl von technischen Anwendungen umfassend nachgewiesen. Neuronale Netze sind hervorragende Funktionsnäherungen, selbst für extrem nichtlineare Beziehungen zwischen entsprechenden Input- und Outputdaten. Bei der Standardimplementierung solcher Netzwerke ist normalerweise ein großer Trainingsdatensatz erforderlich, um das Netzwerk angemessen zu trainieren und der Datensatz wird entweder durch Experimente oder Simulationen generiert.
In physikbasierten neuronalen Netzwerken können die physikalischen Gleichungen, die einem bestimmten Prozess zugrunde liegen, direkt in die Verlustfunktion des Netzwerks eingebunden werden. Diese physikalischen Gleichungen nehmen in der Regel die Form von partiellen Differentialgleichungen (PDEs) an und werden aus den geltenden physikalischen Gesetzen abgeleitet. Um sie in die Verlustfunktion zu integrieren, werden die Outputs des Netzwerks in Bezug auf die gegebenen Inputs differenziert, und die erhaltenen partiellen Ableitungen werden verwendet, um die geltende Gleichung zu konstruieren.
Für jede Eingabe werden die Ausgaben und partiellen Ableitungen basierend auf den Werten der Gewichte und Biases des Netzwerks berechnet. Anschließend wird die Verlustfunktion trainiert, um den Fehler zwischen der erwarteten und der vorhergesagten Ausgabe der PDE zu minimieren. Solche physikbasierten neuronalen Netzwerke können durch das Hinzufügen von Trainingsdaten und den entsprechenden Termen zu der Verlustfunktion weiter verbessert werden. Der Hauptvorteil solcher physikbasierten Ansätze besteht darin, dass die physikalischen Phänomene in das Netzwerk eingebettet sind und sie verwendet werden können, wenn ein großer standardmäßiger Trainingsdatensatz nicht verfügbar ist.
Nachfolgend sind die Schwerpunkte des vorgestellten Themengebiets aufgelistet, woraus sich studentische Arbeiten in Absprache ableiten lassen:
Physikbasierte Prozessmodellierung: Ableitung der Differentialgleichungen aus der den physikalischen Prozessen zugrundeliegenden Physik. Lösen der Differentialgleichungen mit neuronalen Netzen (PINNs), um eine schnellere Berechnung im Vergleich zu numerischen Ansätzen wie FEM zu ermöglichen.
Entwicklung von KI-Algorithmen: Generierung von Trainingsdaten durch Simulationen und Entwicklung von KI-Algorithmen, auf Basis von Simulationsdaten.
Validierung und Optimierung: Validierung des Simulationsmodells anhand von Daten aus realen Prozessen. Vergleich der virtuellen Ergebnisse mit den tatsächlichen Ergebnissen. Ist das Simulationsmodell ausreichend, bilden die KI-Algorithmen die Realität ausreichend ab.
Fachrichtung: CSE, Maschinenbau oder vergleichbar
Begin möglicher Arbeiten: nach Absprache ab sofort
Ansprechpartner: Virama Ekanayaka
Die Anwendungsbereiche für additive Fertigungsverfahren in der Kunststoffverarbeitung haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Von Konzeptmodellen bis hin zu Serienbauteilen werden nahezu alle Stadien im Entwicklungsprozess abgedeckt. Dennoch wird der Einsatz zur Herstellung großflächiger Kunststoffbauteile bisher durch unwirtschaftliche Herstellungszeiten, limitierte Maschinengrößen und geringe Bauteilqualität verhindert. Die Anwendung für geringe Losgrößen im Rahmen von Vorserienprototypen wird jedoch realistisch, wenn ein additives Fertigungsverfahren auf Basis eines Schneckenextruders verwendet werden kann. Auf diesem Wege können Spritzgießgranulate mit hoher Austragsrate direkt verarbeitet und somit Prototypen mit Serienmaterial hergestellt werden. Aufgrund des anschließenden freien Abkühlprozesses ohne Formzwang tritt jedoch ein hoher thermischer Verzug der gefertigten Strukturen auf. Um die Dimensionsstabilität der Bauteile zu erhöhen, ist eine Optimierung sowohl der Prozessführung als auch der Ausgangsgeometrie erforderlich.
Um die additve Fertigung mittels Schneckenextruder für industrielle Andwendungen zu erschließen, werden in unseren Forschungsprojekten experimentelle und numerische Untersuchungen des Fertigungsprozesses durchgeführt. Dazu bieten studentische Arbeiten in den folgenden Bereichen an:
Strangablagesimulation: Mittels Computational Fluid Dynamics (CFD) wird das Fließverhalten des Polymers beim Austrit aus der Exruderdüse beschrieben.
Thermischer Verzug im Schichtaufbau: Der sequentielle Aufbau des Bauteils im additiven Fertigungsprozess ist durch den thermischen Verzug des Polymers sehr fehleranfällig. Durch die Kompensation und durch eine intelligente Prozessführung kann dem entgegengewirkt werden.
Strukturmechanische Unteruschungen des Schichtverbundes: Für das anisotrope Materialverhalten von additiv gefertigten Bauteilen im Bereich Festigkeit und Schädigung werden neue Materialmodelle für die Finite Elemente Methode (FEM) benötigt.
Fachrichtung: Maschinenbau, CSE oder vergleichbar
Ansprechpartner: Frederic Timmann
Wir sind stetig auf der Suche nach studentischen Hilfskräften, die uns bei unseren Forschungsarbeiten unterstützen. Aktuelle Stellenangebote findest du hier
Projektakronym | Titel |
---|---|
AI-NET ANIARA | Automation of network edge infrastructure & applications with artificial intelligence |
HyFunk | Experimentelle und numerische Untersuchungen zu lokal aufschäumbaren Strangpressprofilen für die additive Fertigung von hybriden Funktionsstrukturen |
TRR 277 Projekt B04 | Prozesssteuerung und adaptive Bahnplanung für additive Fertigungsprozesse auf Basis von Industrierobotern mit einem erweiterten Freiheitsgrad (B04) |
TooliNG | Digitaler Zwilling für den KI-unterstützten Werkzeugentstehungsprozess |
DIAZI | Digitalisierung des Industrialisierungsprozesses in der Automobil- und Zulieferindustrie |
Bauteilvariation in der Herstellung von Hybridverbunden durch freikinematisches Umformen |