Simulation

Werkstoffe können nicht nur experimentell, sondern auch mit Hilfe von Computersimulationen erforscht werden. Am Institut für Werkstoffe kommen dabei verschiedene Simulationstechniken zum Einsatz.

Atomistische Simulationen

Die Eigenschaften von Metallen sind durch die Bindungen der Elektronen bestimt. Mit atomistischen Simulationsmethoden wie der Dichtefunktionaltheorie können viele Eigenschaften von Legierungen vorhergesagt werden, ohne dass experimentelle Eingangsdaten notwendig sind.

Am IfW wurde auf diese Weise untersucht, welche chemischen Elemente technisch relevante Phasen in Nickellegierungen stabilisieren oder destabilisieren. Dabei konnte gezeigt werden, dass die stabilisierende Wirkung vorhergesagt werden kann, wenn man die Größe der Atome und ihre Neigung, im Kontakt mit Nickel Elektronen abzugeben oder aufzunehmen, berücksichtigt. Ebenfalls untersucht wurde der Einfluss von hohen Konzentrationen von Kobalt und Chrom auf die Stabilität der Phasen. Insbesondere bei hohen Chrom-Konzentrationen ergeben sich starke effekte, die auf die magnetische Wechselwirkung zwischen Cobalt und anderen Atomen zurückgeführt werden konnten. 

Auch Kobalt-Rhenium-Legierungen wurden mit dieser Methode untersucht. Dabei lag der Fokus auf dem Einfluss von Kobalt und Rhenium auf die Energie von Störungen der Kristallstruktur (sogenannte Stapelfehler). 

Dichte der Elektronen an der Grenzfläche zwischen Ni3Nb (links) und Nickel mit einer Anzahl von Eisen-Atomen (Fe). Bindungen zwischen Nb oder Fe und Nickel sind stärker als Bindungen zwischen Ni und Ni.

Finite-Element-Simulationen

Die Finite-Element-Methode (FEM) dient zur Berechnung von Spannungen und Temperaturfeldern in Materialien und Bauteilen. Dabei wird das Verhalten von Werkstoffen durch Materialgesetze beschrieben, die den Zusammenhang zwischen Dehnung, Temperatur und Spannung wiedergeben.

Aktuell wird diese Methode am IfW eingesetzt, um die Bedingungen beim 3D-Druck von Metallen zu untersuchen. Dabei treten extrem hohe Temperaturänderungen in sehr kurzer Zeit auf. Mit Hilfe der Simulation soll vorhergesagt werden, welchen Bedingungen Werkstoffe beim 3D-Druck ausgesetzt sind um die entstehenden Mikrostrukturen im Werkstoff besser zu verstehen.

Simulation des Aufschmelzens eines Materials durch einen Laser beim 3D-Druck
Beim 3D-Druck fährt ein Laser über ein Material und schmilzt dieses lokal auf (hellste Farbe im Bild). Mit Hilfe der Computersimulation kann berechnet werden, wie groß das Schmelzbad ist und wie schnell das Material sich abkühlt.

Thermodynamische Berechnungsmethoden

Für die Entwicklung neuer Legierungen ist es notwendig, den Einfluss von Legierungselementen vorhersagen zu können. Hierzu dienen thermodynamische Berechnungsverfahren, die es erlauben, vorherzusagen, welche chemischen Phasen sich bei bestimmten Konzentrationen von Legierungselementen bei unterschiedlichen Temperaturen einstellen. Diese Technik wird in verschiedenen Projekten des Instituts verwendet.

Abgeschlossene Simulationsprojekte

Ein Einsatzgebiet der FEM am Institut für Werkstoffe ist die Simulation von Wärmedämmschichtsystemen für Turbinenschaufeln. Im Betrieb einer Turbinenschaufel führen Temperaturänderungen und chemische Reaktionen im Material zu großen Spannungen, die schließlich zum Versagen des Schichtsystems führen können. Diese Spannungen können mit Hilfe der Finite-Element-Methode analysiert werden. Ein Forschungsschwerpunkt besteht dabei darin, den Einfluss der Kriechverformung und der Schichtrauigkeit auf das Versagen zu untersuchen. Simulationen können auch dazu dienen, Schichtsysteme für neuartige Anwendungen, beispielsweise in Raketentriebwerken, auszulegen.

Um die Ausbreitung von Rissen in solchen Systemen simulieren zu können, wurde am Institut ein Programm entwickelt, das die bevorzugte Rissausbreitung auch unter komplexen Bedingungen simulieren kann.

Auch die Zerspanung von Werkstoffen kann mit Hilfe der FEM untersucht werden, um Aufschlüsse über die Umformung des Materials zu erhalten und den Prozess zu optimieren.

Bei der Simulation von Werkstoffen tritt häufig das Problem auf, dass die Parameter, die zur Beschreibung des Materials unter komplexen Bedingungen benötigt werden, nicht bekannt sind. Dieses Problem kann gelöst werden, wenn der jeweilige Prozess selbst zur Parameterbestimmung herangezogen wird. Durch Abgleich zwischen Simulation und Experiment werden die Parameter solange angepasst, bis sich eine gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment ergibt. Dieses Verfahren hat jedoch den Nachteil, dass es sehr aufwändig ist, da eine große Zahl von Simulationen benötigt wird. Im Ifw wurde ein Optimierungsverfahren entwickelt, dass die Rechenzeit für solche Berechnungen stark reduziert (hier finden Sie eine Veröffentlichung zum Thema).

Ansprechpartner für den Bereich Simulationen:
PD Dr. Martin Bäker