Kampf an mehreren Fronten - die Tricks der Pflanzen

Unter bestimmten Bedingungen sorgen pflanzliche Enzyme dafür, dass aus den Glucosinolaten keine Senföle sondern andere flüchtige Substanzen gebildet werden. Diese können zum Beispiel dazu dienen, Feinde der Kohlweißlingsraupe anzulocken oder die Wirtspflanzenerkennung durch die Schmetterlinge zu beeinträchtigen.

Je nach Reaktionsbedingungen und strukturellen Voraussetzungen können bei der Hydrolyse aus einem Glucosinolat bis zu vier verschiedene Produkte entstehen. Viele dieser Umsetzungen laufen nur ab, wenn in der entsprechenden Pflanze sogenannte spezifizierende Proteine vorhanden sind (Abb. 1): das epithio-spezifierende Protein (ESP), das Thiocyanat-formende Protein (TFP) oder das nitril-spezifizierende Protein (NSP). Die Giftigkeit der Isothiocyanate ist an vielen Organismen nachgewiesen worden. Warum verzichten Pflanzen unter bestimmten Bedingungen auf die Bildung dieser Abwehrstoffe und produzieren statt dessen Nitrile, Thiocyanate oder Epithionitrile? Die Kenntnis der Gene für spezifizierende Proteine erlaubt es uns, die Glucosinolathydrolyse in unserer Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand, Brassicaceae) gezielt zu manipulieren. Wir können dann untersuchen, welche Auswirkungen die veränderte Glucosinolathydrolyse auf Herbivoren oder Pathogene hat (Abb. 2). Aktuell erforschen wir ihren Einfluss auf mikrobielle Gemeinschaften in der Rhizosphäre.

Die bisher bekannten spezifizierenden Proteine aus Pflanzen weisen eine sehr ähnliche Primärstruktur (Sequenz der Aminosäuren) auf. Trotzdem unterscheiden sie sich in ihrer Substrat- und Produktspezifität. Wir exprimieren die Proteine in Bakterienzellen mit dem Ziel, sie biochemisch zu charakterisieren. Mit Hilfe gezielter Mutationen haben wir herausgefunden, welche Strukturelemente für die Substrat- und Produktspezifität verantworlich sind.

Ausgehend von den Erkenntnissen, die wir mit der Modellpflanze A. thaliana gewinnen konnten, haben wir spezifizierende Proteine auch aus anderen glucosinolathaltigen Pflanzen verschiedener Gattungen und Familien isoliert. Die Aufklärung ihrer Gensequenzen erlaubt es uns, die Herausbildung dieser Proteine im Verlauf der Evolution nachzuvollziehen. Sind sie nur einmal oder mehrfach unabhängig voneinander entstanden? Welche Funktion hat das Vorläuferprotein, aus dem sich spezifizierende Proteine abgeleitet haben?

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