Nichtlineare Eigenwertprobleme

Nichtlineare Eigenwertprobleme treten in zahlreichen Anwendungen auf. Bis heute existiert kein allgemeiner Black-Box-Löser für derartige Probleme.

Als nichtlineares Eigenwertproblem (NEP) bezeichnet man die Bestimmung von Skalaren c, sodass das lineare Gleichungssystem T(c)*x=0 eine nichttriviale Lösung x besitzt. Dabei beschreibt T( . ) eine Familie von Matrizen abhängig von einem komplexen Skalar c. Diese Definition verallgemeinert die linearen Eigenwertprobleme A*x = c*x, mit T(c) = A – c*I, und Ax = c*Bx mit T(c) = A – c*B. Im Gegensatz zum klassischen Eigenwertproblem kann ein NEP keine, endlich viele oder sogar unendlich viele Eigenwerte haben. Zwei Klassen von NEPs sind in Anwendungen weit verbreitet:

  • Ein nichtlineares Eigenwertproblem heißt “polynomiell”, falls T(c) von der Form

    T(c) = c^k A_k + c^{k-1} + A_{k-1} + … + c^1 A_1 + A_0

    für gewisse m-x-n Matrizen A_0, … , A_k ist. Derartige Probleme werden im Allgemeinen durch Linearisierung gelöst. Für die dynamische Analyse mechanischer Systeme (z.B. in der Akustik) oder Stabilitätsprobleme in der Strömungsmechanik spielt das quadratische Eigenwertproblem T(c) = c^2 M + c C + K eine wesentliche Rolle. Aufgrund der physikalischen Modellierung sind die Matrixkoeffizienten von T(c) in vielen Anwednungen zusätzlich strukturiert (d.h. z.B. symmetrisch, positiv definit, schiefsymmetrisch etc.). Dies wiederum führt zum Auftreten von Paaren (oder Quadrupeln) von Eigenwerten von T( . ) (bspw. (c, -c) oder (c, conj(c), -c, -conj(c)). Algorithmen zur Lösung strukturierter polynomieller Eigenwertprobleme müssen diese Strukturen berücksichtigen um zuverlässige numerische Ergebnisse zu erzielen.

  • Ein nichtlineares Eigenwertproblem heißt “rational”, falls T(c) von der Form

    T(c) = t_k(c)A_k + t_{k-1}(c) A_{k-1} + … + t_1(c) A_1 + t_0(c) A_0

    ist, wobei t_0(c), … ,t_k(c) rationale Funktionen von c sind, d.h. t_j(c) = p(c)/q(c) für Polynome p(c), q(c). Derartige rationale Ausdrücke entstehen bspw. durch die Transferfunktion linearer dynamischer Systeme und stellen wichtige Konzepte in der Modellreduktion dar. In diesem Zusammenhang beinhaltet die Analyse rationaler Eigenwertprobleme automatisch auch die Betrachtung der Pole von T(c), die eine wesentliche Rolle in Bezug auf das Verhalten des Systems spielen. Darüberhinaus können sowohl polynomielle als auch rationale Probleme Eigenwerte “im Unendlichen” besitzen. Daher müssen sowohl die Polstruktur als auch die Eigenwertstruktur im Unendlichen bei der Entwicklung numerischer Lösungsverfahren berücksichtigt werden.

Neben den beiden genannten Klassen von Eigenwertproblemen können nichtlineare Eigenwertprobleme auch von anderen nichtlinearen Funktionen (z.B. der Exponentialfunktion oder trigonometrische Funktionen) abhängen. Dies kommt z.B. in Zusammenhang mit der Diskretisierung von Differentialgleichungen oder der Stabilitätsanalyse von Systemen unter Feedback Control vor. Obwohl diese Probleme durchweg weit zurückreichende Ursprünge haben, bilden sie einen hochaktuellen und forschungsintensiven Bereich innerhalb der numerischen linearen Algebra. Vielfältige Lösungsalgorithmen für nichtlineare Eigenwertprobleme existieren, darunter Ansätze basierend auf dem Newtonverfahren, rationalen (Padé) Approximation, Interpolation, Linearisierung, Kurvenintegralen oder Projektionsmethoden.