Prof. a.D. Dr. Jürgen Stenzel
Das Institut für Germanistik trauert um Prof. a.D. Dr. Jürgen Stenzel, der am 28.11.2024 verstorben ist.
Der Braunschweiger Germanist Jürgen Stenzel ist der akademischen Öffentlichkeit als gewissenhafter Herausgeber und kundiger Kommentator wichtiger Texte des 18. Jahrhunderts bekannt. Neben Editionen vergessener und fast vergessener Autoren (genannt seien hier nur F.R.L. von Canitz, E. von Kleist und J.W.L. Gleim) sind in diesem Zusammenhang insbesondere die ersten beiden Bände der Lessing-Ausgabe des Deutschen Klassiker-Verlags zu nennen, in denen er zahlreiche Entdeckungen präsentierte und damit neue Facetten in der frühen Berliner Autorschaft des Journalisten und Dramatikers Lessing zeigte. Am dritten Band dieser epochalen Edition wirkte er darüber hinaus entscheidend mit.
Tondokumente zeigen zudem, dass er ein begnadeter Vorleser war, der die besondere Gabe besaß, ‚schwierige‘ Texte – etwa die Lyrik Klopstocks – lebendig werden zu lassen.
Weniger bekannt hingegen sind Jürgen Stenzels Bemühungen um eine systematische Theorie der literarischen Wertung. Dabei hat ihn dieses Thema seit seiner 1966 in Göttingen vorgelegten Dissertation Zeichensetzung. Stiluntersuchungen an deutschen Prosadichtungen bis in die letzten Monate seiner Autorschaft nicht mehr losgelassen. Der 2003 im Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft erschienene Artikel Wertung war in dieser Denkbewegung zugleich Rückschau und Projektskizze. 2024, im Jahr seines Todes, erschienen seine von Ulrich Joost herausgegebenen Texte zu literarischen Wertung im Band Vorschule der literarischen Wertung (Göttingen: Wallstein-Verlag).
Als Schüler Albrecht Schönes hat Jürgen Stenzel den Beruf des Germanisten auf der Schnittstelle von Wissenschaft, Kunst und Leidenschaft verortet. Seine Lehre hat er dementsprechend breit aufgestellt, wobei er stets auf die Philologie als de eigentlichen Kern des Faches verwies. Seine Kenntnis, sein Geschmack und sein untrüglicher literarischer Instinkt haben viele - auch kontroverse - Diskussionen bereichert.
Forschungs- und Lehrtätigkeit an der TU Braunschweig
1973-1987 Wissenschaftlicher Rat und Professor (C3) für Neuere deutsche Literatur
1987-2002 Universitätsprofessor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft
Lehr- und Forschungsgebiete:
Analyse lyrischer und erzählender Texte
Deutsche Gedichte und Literatur vom 17. bis 20. Jhd.
Neuere deutsche Literaturwissenschaft
Lessings Frühwerk
Fachgebiet:
Sprach- und Literaturwissenschaft
Lebensdaten:
geboren am 14.04.1937 in Leipzig
gestorben am 28.11.2024 in Radolfzell am Bodensee