Fachkultur erweitern

Perspektivenwechsel

Fachkulturen in den technischen Wissenschaften – fiMINT-Kultur
Maßnahmen zum Wandel männlich dominierter Fachkulturen zugunsten gender- und diversity-orientierter Veränderungsprozesse

Ein weiterer Ansatz, um Unterrepräsentanzen von Frauen in den technischen Studiengängen abzubauen und mehr junge Frauen für diese Studiengänge zu gewinnen, befasst sich mit den Fachkulturen in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik aus Gleichstellungs- und Genderperspektive.  Das in 2020 gestartete Projekt fiMINT-Kultur nimmt sich dieses Ansatzes an.

Bisherige Strategien für mehr Frauen in MINT zielen vor allem auf personenbezogene Förderprogramme ab, wobei die Maßnahmen sich nur auf die individuelle, nicht aber auf eine strukturelle Ebene beziehen. Es sind die Mädchen und jungen Frauen von denen Anpassungsleistungen erwartet werden.

fiMINT-Kultur zielt dagegen auf eine Änderung der Fachkulturen in den technischen Wissenschaften ab. Fachkulturen sind über viele Jahre historisch gewachsen und von ihren Mitgliedern in hohem Maße verinnerlicht. Vertreter dieser Fächer entwickeln einen spezifischen Habitus, der, so beschreibt es der Soziologe Bourdieu, sich in Verhaltensweisen, Einstellungen, aber auch in Denk- und Problemlösemethoden ausdrückt.  Dieser, in den Fachkulturen verankerte Habitus, kann Personen oder Gruppen ausschließen. Gerade die Fachkulturen der Technikwissenschaften sind in ihrem Habitus stark männlich geprägt und damit wenig attraktiv für Frauen. Ein Wandel in Richtung einer genderorientierten Fachkultur setzt eine kritische (Selbst-)Reflexion und ein Bewusstsein über die Verantwortung der eigenen Rolle als Lehrende/r und der Hochschule voraus.

Auch eine verbesserte, gendersensible Ansprache von Schülerinnen und jungen Frauen sowie von anderen Personengruppen, die sich bisher nicht für ein technisches Studium entscheiden konnten oder wollten, ist ein zentraler Aspekt dieses Projekts. Hierzu gehört eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit. Neben der Ansprache sollte auch die Lehre in den Ingenieur- und Informatikstudiengängen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Gender- und Diversity-Studies folgen und das „hidden curriculum“, in der Regel fester Bestandteil einer tradierten Fachkultur, hinterfragt werden. Eine gendergerechte Didaktik und Fachinhalte, die den Lebenswelten auch von Frauen entgegenkommen, einen Anwendungsbezug herstellen, den gesellschaftlichen Nutzen und die Interdisziplinarität eines Fachs aufzeigen, sind dabei vielversprechende Ansätze.

Im Rahmen der Strategie MINT 4 TU nimmt fiMINT-Kultur einen Perspektivenwechsel vor und verfolgt, zumindest für die TU Braunschweig, neue Ansätze. Diese sollen auch in den weiteren definierten Handlungsfeldern Berücksichtigung finden, da nur so ein Wandel der Fachkulturen gelingen kann. Diese Ideen greift auch der Projektbericht 2021/2022 auf und zeigt erste Ergebnisse.

Vertiefende Informationen zu den genannten Bereichen finden Sie hier: