Kinder-Uni-Erklärvideo #6

Kinder-Uni-Erklärvideo #6

Interview mit Prof. Dr. Andreas Waag

Warum wollen wir eigentlich  die Grenzen des Messbaren  verschieben?

Das Exzellenzcluster möchte die Grenzen des Messbaren verschieben. Warum? Das ist ganz einfach: je genauer man hinschaut, desto mehr erkennt man.

Betrachte mal deine Schule aus 1 km Entfernung: man erkennt da nur, dass es sich um ein Gebäude handelt, aber was darin gemacht wird und wie viele Kinder und Lehrer*innen da lernen und arbeiten, und was genau die machen, das kann man aus dieser Entfernung nicht erkennen. Da muss man schon genauer hinsehen, näher rangehen oder am besten reingehen und die Schule von innen kennenlernen. Und man muss alle verfügbaren Sinne einschalten: sehen, hören, auch riechen. Erst dann weiß man, was in einer Schule alles so los ist und wie toll Schule ist. Man hört, ob in der Sporthalle Fußball gespielt wird, man sieht, dass draußen auf dem Pausenhof gerade niemand da ist, also offenbar Unterricht ist, und man riecht vielleicht wo die Toiletten sind, ohne sie zu sehen.
Genauso ist das bei allem, was uns in der Natur begegnet, und eben auch bei ganz kleinen Dingen wie einzelnen Atomen mit denen man neue Rechner bauen möchte, aber auch bei ganz großen Dingen die ganz weit weg sind, zum Beispiel andere Sterne in unserem Universum. Man muss immer genauer hinsehen, um noch mehr über unsere Natur zu lernen und diese Erkenntnisse dann auch zu nutzen, zum Beispiel zur Bekämpfung von Krankheiten, zum Bau neuer Computer oder zur Entdeckung fremder Welten in unserem Universum.
Für die ganz kleinen und die ganz großen Dinge reicht sehen, hören und riechen nicht mehr. Wir müssen neue Sinne entwickeln, also neue Sensoren, die genau die Eigenschaften messen können, die uns interessieren. Das ist das Ziel von QuantumFrontiers: immer genauer hinsehen mit neuen und besseren Sensoren.

Prof. Dr. Andreas Waag

Welches Phänomen hat als Kind oder Jugendlicher Ihre wissenschaftliche Neugier geweckt?
In der Natur habe ich mich schon immer wohlgefühlt und gerne beobachtet und „rumgespielt“, ohne zu wissen, dass das etwas mit „wissenschaftlicher Neugier“ zu tun haben könnte. Das ging los beim Spielen im Sandkasten: Warum kann ich mit Sand keinen Staudamm bauen? Blöd! Oder warum kann das Holzboot, das ich mir zusammengebaut hatte, nicht schwimmen? Oder warum kann man mit einem Fön einen Tischtennisball in der Luft schweben lassen, ohne dass er weggeblasen wird? Später, im Leistungskurs Physik, war es dann die Einstein´sche Relativitätstheorie zur Natur von Licht, die mich fasziniert hat. Leider hat man darüber in der Schule praktisch nichts gelernt. Ich habe mir damals in der Universitätsbibliothek ein Buch darüber ausgeliehen. War gar nicht so einfach, dort ein Buch zu finden, das man einigermaßen verstehen konnte. Heute ist das mit dem Internet viel einfacher an solche Informationen zu kommen.

Was hat dieser Ausgangspunkt mit Ihrer aktuellen Forschung zu tun?
Naja, ob das Spielen im Sandkasten wirklich etwas mit meiner heutigen Forschung zu tun hat, weiß ich nicht. Aber das Interesse an den Eigenschaften von Licht ist geblieben. Ich leite das Institut für Halbleitertechnik, wo wir kleine Lichtquellen, sogenannte Licht-emittierende Dioden oder LEDs – bis 100 Mal (bis 400 Nanometer) kleiner als ein menschliches Haar – erforschen. Aber keine Angst, man sieht sie trotzdem, weil diese LEDs so hell sind. LEDs sind heute häufig verwendete Lichtquellen. Wir untersuchen die Eigenschaften dieser Lichtquellen, zum Beispiel die Farbe des Lichts und die sogenannte Kohärenz des Lichts – ob die erzeugten Lichtwellen der LEDs in Zeit und Raum gleichmäßig sind. Wir untersuchen auch Anwendungen von LEDs für neue Sensoren. Zum Beispiel, um ein einfaches, kostengüns-tiges Mikroskop zu bauen, mit dem wir sich bewegende lebende Zellen kontinuierlich beobachten können.       

Was gefällt Ihnen am Beruf des Wissenschaftlers?
Wissenschaft ist wie Rätsel lösen, aber auch wie Kunst. Man geht wissenschaftlichen Fragen nach und puzzelt dabei die Informationen zusammen, die die Experimente einem vorgeben. Am Ende ergibt sich ein wunderschönes Bild oder Ergebnis, das man öffentlich ausstellt, das heißt einer wissenschaftlichen Gemeinschaft vorstellt. Außerdem arbeitet man mit vielen sehr talentierten jungen Menschen zusammen, was sehr viel Spaß macht. Und die Umgebung ist sehr international, wir arbeiten oft mit Gruppen aus der ganzen Welt zusammen. Das ist sehr inspirierend.

Welche Eigenschaften brauchen Sie für Ihre Forschung?
Zwei wichtige Eigenschaften, die ich brauche, um erfolgreiche Forschung zu machen sind:
die Fähigkeit und Begeisterung mit vielen verschiedenen Menschen zu arbeiten;
und ich muss lesen, schreiben und rechnen können. Etwas vornehmer nennt man das dann „gute Sprach- und Schreibkenntnisse“. Dabei meine ich keine Fremdsprachen, obwohl englisch bei uns Pflicht ist. Sondern die Fähigkeit, sich in der eigenen Sprache präzise und treffend auszudrücken. Dann kommt alles andere von ganz alleine.  

Ein Blick in die Zukunft: Was möchten Sie unbedingt noch erforschen?
Es wäre toll, wenn wir einen Quantencomputer mit einer unserer voll-integrierten photonischen Plattformen bauen könnten. Das wäre ein Riesenschritt nach vorne. Den würden wir dann über das Internet zugänglich machen und jede und jeder könnte ihn testen und programmieren. 


Video: "Warum wollen wir eigentlich die Grenzen des Messbaren verschieben?"

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Exzellenzcluster QuantumFrontiers

Prof. Dr. Andreas Waag hat Euer Interesse am Exzellenzcluster QuantumFrontiers geweckt?

Dann schaut Euch gerne mal auf der Homepage um.