Dem Täter auf der Spur: Bekannter Kriminalbiologe gibt im BRICS Einblick in seine Arbeit

Rund 100 Leute versammelten sich im Seminarraum des BRICS, um dem Vortrag „Dem Täter auf der Spur – Der genetische Fingerabdruck“ von Dr. Harald Schneider zu folgen. Der Kriminalbiologe gab einen Einblick in seine Arbeit mit aktuellen Fallbeispielen, Informationen zum Berufsziel Kriminalbiolog*in und einen Überblick über die Entwicklung des genetischen Fingerabdrucks und die Grenzen, Risiken und künftigen Möglichkeiten der DNA-Analyse in der Kriminalistik.

Dr. Harald Schneider vom Kriminaltechnischen Institut (KTI) des Hessischen Landeskriminalamtes (HLKA) ist Leiter der Fachgruppe Biologie, DNA-Analytik, Textilkunde. Nach einem Studium der Molekularbiologie und anschließender Promotion am Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung in Marburg wurde er im Jahr 1991 mit dem Aufbau der DNA-Abteilung des HLKA beauftragt. Seit dieser Zeit wurden unter seiner Leitung mehr als 750 Tötungsdelikte und ca. 5000 Sexualverbrechen allein durch den Einsatz des genetischen Fingerabdrucks geklärt. Seine Fachgruppe hat sich in den letzten 20 Jahren mit einer bundesweit einzigartigen Erfolgsquote auf die Bearbeitung von z.T. Jahrzehnte zurückliegenden, ungeklärten Kapitalverbrechen – den sogenannten „Cold Cases“ – spezialisiert.

Aufgabe Spurensicherung
Die Aufgabe des KTI ist die Untersuchung überwiegend materieller Spuren von Tatorten, um Aufschluss über den Ablauf eines Tatgeschehens bzw. Hinweise auf die Täter*innen geben zu können. Diese Sachbeweise sind sowohl für die polizeiliche Ermittlung, als auch für die Beweisführung vor Gericht von Bedeutung. In der Fachgruppe Biologie werden im Fachbereich Textilkunde die Faseruntersuchungen durchgeführt, während im Fachbereich DNA-Analytik der Fokus auf der Untersuchung von DNA-Material liegt. Harald Schneider macht deutlich, dass die Untersuchung von Faserspuren, DNA-Spuren (Blut, Hautabrieb) und Fingerabdrücken beispielsweise einer Tatwaffe in der richtigen Reihenfolge erfolgen muss: „Faserspuren sind z. B. am flüchtigsten, weshalb die Waffe zunächst darauf untersucht werden muss.“

Berufsziel Kriminalbiologie
Schneider erzählt mit viel Begeisterung von seiner Arbeit, die aus Spurensicherung, Labortätigkeit, Gerichtsterminen aber auch viel Aktenarbeit besteht. Den Zuhörer*innen, überwiegend Biowissenschaftler*innen, erklärt er, dass für eine Karriere als Kriminalbiolog*innen eine Promotion meist erwünscht ist und Affinität zu Bioinformatik und Erfahrungen/Bereitschaft zu Arbeiten in der Laboranalytik, Bürotätigkeit und Presse und Öffentlichkeitsarbeit vorhanden sein sollten.

Anwendungsgebiete genetischer Fingerabdruck
Ein weiteres Thema des Vortrags war die rasante Entwicklung der DNA-Analytik und die Nutzung des genetischen Fingerabdrucks in der Kriminaltechnik und Aufklärung von Verbrechen. Angewendet wird der genetische Fingerabdruck zur Tatrekonstruktion, zur Erkennung von Tatzusammenhängen (Mordserie an unterschiedlichen Tatorten), aber besonders auch zur Entlastung von Tatverdächtigen, sowie zur Aufklärung ungeklärter Altfälle und für Abstammungsuntersuchungen.

Grenzen, Risiken und Möglichkeiten von DNA-Spuren
Aber auch zu den Grenzen von DNA-Spuren kann Harald Schneider einiges aufzählen. So ist es aktuell nicht möglich, ihr Alter zu bestimmen. „Was wir brauchen sind Biomarker, mit denen wir anhand einer Halbwertszeit Aussagen zum Alter einer DNA-Spur treffen können“, erklärt der Kriminalbiologe. „Und auch der Datenschutz in Deutschland macht es uns schwer: So dürfen wir biogeografische Herkunft und Aussehensmerkmale, die aus dem genetischen Fingerabdruck hervorgehen, nicht nutzen, was die Aufklärung von einigen Fällen natürlich stark einschränkt.“ Als weiteres Problem nennt Schneider das Hintergrundrauschen, das mit zunehmender Spezialisierung stark zunimmt. Auf der einen Seite können heute sehr viele Proben und immer kleinere DNA-Spuren untersucht werden, sodass eigentlich jede*r Täter*in Spuren am Tatort hinterlässt. Allerdings sind DNA-Spuren leicht transportabel und selbst wenn die am Tatort gefundene DNA einer in der Datenbank gespeicherten Person zugeordnet werden kann, bedeutet es nicht zwingend, dass diese auch tatrelevant ist, denn jeder Tatort wimmelt von unzähligen DNA-Spuren, die auf unterschiedlichste Weise an den Ort gelangt sein können.