Analyse der Verkehrsqualität mit FCD

Niedersächsisches Forschungszentrum Fahrzeugtechnik

Methoden für die kontinuierliche raum-zeitliche Analyse der Verkehrsqualität in Straßennetzen

Die kontinuierliche netzweite Qualitätsanalyse des Verkehrsablaufs im Kraftfahrzeugverkehr und damit des Verkehrsmanagements stößt in der Praxis mit den derzeit verfügbaren Datenquellen und Analysemethoden auf wesentliche Schwierigkeiten, die einer systematischen Anwendung entgegenstehen. Für die Analyse bietet das zur Verfügung stehende deutsche Regelwerk zwar grundsätzlich Berechnungsverfahren an, jedoch stehen die dafür notwendigen Eingangsinformationen mangels kostenintensiver Detektionstechnik nicht großräumig zur Verfügung und erschweren somit eine netzweite und turnusmäßige Analyse von Qualitäten und Mängel in Straßenverkehrsnetzen erheblich. In den letzten Jahren rückt vermehrt die Nutzung der nahezu ubiquitär zur Verfügung stehenden Datenquelle Floating Car Data (FCD) in den Fokus der Verkehrsplanung. Die von einem Fahrzeug abgegebenen Positionsinformationen ermöglichen dabei die direkte Messung zahlreicher verkehrlich relevanter Parameter, wie z.B. Verlustzeiten, kanten- oder routenbezogene Fahrzeiten bis hin zu Schätzung von Rückstaubereichen vor Knotenpunkten. Im Vergleich zu bestehenden, auf lokaler Sensorik basierenden Ansätzen der Qualitätsanalyse, eröffnet sich mit der breiten Nutzbarmachung dieser Datenquelle eine neue Dimension einer turnusmäßigen und vor allem höchst wirtschaftlichen netzweiten Analyse der Verkehrsqualität.

Projektziel

Kernziel des geplanten Forschungsvorhabens ist deshalb die Entwicklung allgemeingültiger und vor allem validierter Verfahren zur Verarbeitung niederfrequenter Floating Car Data sowie zur Berechnung von Qualitätsindikatoren für den Verkehrsablauf in Straßenverkehrsnetzen unter Berücksichtigung realitätsgetreuer FC-Datensituationen. Dabei kann das Forschungsvorhaben auf ein langjähriges deutschlandweites Datenarchiv eines FC-Datenanbieter (GARMIN/Navigon) zurückgreifen. Die insgesamt hochgradig komplexen Vorgänge zur flächendeckenden Nutzbarmachung von FC-Rohdaten und somit zur Beantwortung netzbezogener Fragestellungen bedeuten in der Regel eine enorme Einstiegshürde bei der Durchführung FCD-gestützte Qualitätsanalysen. Ein weiteres wesentliches Ziel des Forschungsprojekts liegt deshalb in der Bündelung der entwickelten und validierten Verarbeitungsmethoden zur Berechnung von Qualitätskriterien in einem quelloffenen Entwicklerframework. Die entwickelten Methoden und Algorithmen sollen dabei helfen, einen schnelleren Zugang zu der Datenquelle FCD zu erhalten, so dass die eigentliche Entwicklung FCD-gestützter Applikation im Umfeld der Qualitätsanalyse zukünftig im Vordergrund stehen kann.


Durchführung

Datengrundlage des Forschungsvorhabens stellen standardisierte und kommerziell verfügbare FCD sowie frei nutzbare vektorbasierte Kartendaten des crowd-sourced gestützten und freien Kartendienstes „OpenStreetMap“ (OSM) dar. Zur weiteren Datenverarbeitung und zur Berechnung verkehrlicher Qualitätsindikatoren werden die prozessierten Trajektorien in einer softwareübergreifenden Open-Source GIS-Software (Geoinformationssystem) abgespeichert, wodurch eine effiziente Nutzung und zugleich wirtschaftliche Archivierung der Geoinformationen ermöglicht wird. Dabei gewährleistet die Speicherung der abgeleiteten Informationen innerhalb der GIS-Software die adäquate Darstellung raumbezogener Inhalte innerhalb der zu entwickelnden Applikation und stellt zugleich die Nutzung bestehender Standards sicher. Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens stehen fortan die wissenschaftlich repräsentative Berechnung verkehrlicher Qualitätsindikatoren sowie die Bewertung anhand bestehender Anspruchsniveaus zur Qualitätsbewertung. Dabei gilt es, die Möglichkeiten der datengetriebenen Berechnung bestehender Qualitätsindikatoren (z.B. Wartezeiten und Rückstaus) aus gängigen Richtlinien zu überprüfen und bei Bedarf ergänzende belastbare Qualitätsindikatoren sowie notwendige Anspruchsniveaus zu definieren. Das Forschungsvorhaben betrachtet dabei Strecken und Knotenpunkte von Stadt- und Außerortsstraßen. 

Wesentlicher Fokus des Forschungsprojekts liegt in der realdatengetriebenen, als auch simulativen Validierung möglicher Qualitätsindikatoren sowie bestehender oder neu zu definierender Anspruchsniveaus. Zur Erreichung dieses Ziels werden Teilnetze eines realen Straßenverkehrsnetzes (z.B. Hannover oder München) mittels Mikrosimulationen abgebildet und über Reisezeiten, Verkehrsstärken und Abbiegebeziehungen kalibriert. Notwendige Referenzdaten werden über eine eigene Messkampagne mittels Videoauswertung, ANPR-Messungen (Automatic Number Plate Recognition), Schleifendaten und GPS-Testfahrten erhoben. Signaltechnischen Versorgungsunterlagen von Knotenpunkten werden durch die genannten Städte zur Verfügung gestellt. Das entstandene Simulationsmodell dient fortan als Datenquelle zur Herstellung generischer FCD sowie als Referenzmodell im Entwicklungsprozess von Berechnungsverfahren zur Ableitung notwendiger Qualitätsindikatoren und Anspruchsniveaus.


Projektleitung

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bernhard Friedrich
Raum 283

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