Prozessbezogene Kompetenzen im naturwissenschaftlichen Lehramtsstudium Erlernen, unterrichten, diagnostizieren

Die Fähigkeiten zur Erkenntnisgewinnung und Bewertung sind prozessbezogene Kompetenzen, die es ermöglichen, naturwissenschaftliche Erkenntnisse angemessen zu verstehen und darauf basierend zu handeln. Insbesondere für informierte Bürgerinnen und Bürger sind diese Kompetenzen von entscheidender Bedeutung, um sich aktiv an gesellschaftlichen Diskursen zu naturwissenschaftlichen Themen zu beteiligen. In schulischen Kontexten können beispielsweise experimentelle Problemstellungen als Lerngelegenheiten dienen, um Schülerinnen und Schülern die Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen sowie die Bewertung gewonnener Erkenntnisse zu vermitteln. Die erfolgreiche Übermittlung dieser Fähigkeiten an Schülerinnen und Schüler setzt voraus, dass auch (angehende) Lehrkräfte über diese spezifischen Kompetenzen verfügen.

An der Technischen Universität Braunschweig werden solche Lerngelegenheiten für die Entwicklung prozessbezogener Kompetenzen in den Kompetenzbereichen Erkenntnisgewinnung und Bewertung sowie deren Vermittlung und Diagnose an Schülerinnen und Schülern entwickelt und evaluiert. Der Beitrag gliedert sich in drei Teile.

Zunächst wird ein Praktikum im frühen Stadium des Chemielehramtsstudiums vorgestellt, das durch experimentelles Problemlösen die Erkenntnisgewinnung fördert. Das Konzept umfasst in Teilen geöffnete Experimente und dazugehörige Erklärvideos, die von den Studierenden in entgegengesetzter Richtung des naturwissenschaftlichen Erkenntniswegs bearbeitet werden. Die schrittweise Steigerung der Komplexität und der Anforderungen erfolgt dabei durch eine Abfolge von geschlossenen zu immer weiter geöffneten Experimenten. In der praktischen Umsetzung zeigte sich, dass die Studierenden die Erklärvideos vor allem zur Vorbereitung nutzen und sie in der Regel dazu beitragen, den Forschungsprozess vorab zu strukturieren. Die Qualität der generierten Hypothesen und erarbeiteten Experimentplanungen variiert individuell, was die Bedeutung differenzierter Maßnahmen zur Förderung der Erkenntnisgewinnung unterstreicht.

Der zweite Teil des Beitrags illustriert, wie die Diagnosefähigkeit von Master-Lehramtsstudierenden der naturwissenschaftlichen Fächer hinsichtlich Prozessen der Erkenntnisgewinnung durch videographierte Unterrichtssequenzen gefördert werden kann. Der Fokus liegt dabei auf der Aufbereitung von videographierten Unterrichtsmomenten, die durch Begleitmaterialien für verschiedene Diagnoseziele angereichert sind. Dieser vielversprechende Ansatz unterstützt die Entwicklung fachdidaktischer Diagnosefähigkeiten auch unter Berücksichtigung des (naturwissenschaftsspezifischen) Classroom-Managements.

Im dritten Beitragsteil werden Master-Lehramtsstudierende geschult, Bewertungskompetenz in ihre Unterrichtsplanung durch den Einsatz von Social Media zu integrieren. Hierbei wird gezeigt, wie die Förderung der Bewertung unter Einbezug digitaler Medien und aktueller Forschungsthemen erfolgen kann. Eine zentrale Rolle spielt dabei die wissenschaftliche Einordnung von Beiträgen im Dschungel der sozialen Medien.

Der Beitrag ist open access bei Waxmann zu finden: http://www.waxmann.com/buch4667