Veröffentlichung

Gläser, S.; Schnieder, E.; Höwing, F.; Rech, B.:
Flexible Infotainment-Architektur mit automatischer Fehleranalyse.
In: GZVB - Gesamtzentrum für Verkehr Braunschweig e. V., Hrsg.: IMA 2006 - Informationssysteme für mobile Anwendungen, S. 7-26, Braunschweig, Oktober 2006.

Kurzfassung:

Mobile Kommunikation ist heute zu einem Grundbedürfnis geworden. Der Einzug der Informationstechnologie ins Fahrzeug stellt daher für die Automobilindustrie zunehmend einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor dar. Die Grenzen eines Infotainment-Systems umfassen fahrzeugeigene Anwendungen ebenso wie von außerhalb ins Fahrzeug eingebrachte Dienste. Der Erfolg der Integration von Informationstechnologie ins Fahrzeug hängt offenbar hauptsächlich davon ab, ob das angebotene Diensteportfolio quasi evolutionär mit den Kundenbedürfnissen mitwachsen kann. Um aber Dienste ins Fahrzeug zu integrieren, deren Kommunikationsverhalten unbekannt ist oder sich über die Zeit ändert, muss das Kommunikationsprotokoll des Gesamtsystems angepasst werden. Genau dies ist aber bei bisherigen Systemarchitekturen nicht möglich. Dieser Aufsatz hat daher den Anspruch die Frage zu beantworten, wie eine Systemarchitektur konzipiert werden muss, damit das Kommunikationsprotokoll eines Infotainment-Systems auch nachträglich an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden kann. Der Lösungsansatz beinhaltet darüber hinaus einen Logikanalysator, mit dem automatisch überprüft werden kann, ob durch eine solche Modifikation logische Fehler im Protokoll entstanden sind. Zentraler Bestandteil dieses Lösungsansatzes ist ein Entscheidersystem, welches einer von der Volkswagen Elektronikforschung realisierten flexiblen Infotainment-Architektur hinzugefügt wurde und das Kommunikationsprotokoll in Form eines Regelwerks realisiert. Im Gegensatz zu bisherigen Umsetzungen mit impliziter Kausalität kann aufgrund dieser expliziten Definitionsweise das Kommunikationsprotokoll nun durch Austauschen einzelner Regeln modifiziert und somit aktualisiert werden. Herstellerseitig befinden sich jene Systemkomponenten, die hohe Anforderungen an die Rechenleistung und die Speicherkapazität stellen. Dort sind folglich der Logikanalysator, der Generator für die Laufzeitkomponenten des Regelwerks und die zentrale Regelbasis lokalisiert. Letztere beinhaltet die Regelwerkkonfigurationen für sämtliche angebotenen Kombinationen von Diensten und Fahrzeugen des Fahrzeugherstellers. Entscheidet sich der Kunde, einen neuen Dienst seinem Infotainment-System hinzuzufügen, so wird diese Anforderung zusammen mit der Information über die aktuelle Systemkonfiguration des Fahrzeuges an den Fahrzeughersteller gesendet. Dort wird das Regelwerk individuell neu konfiguriert und auf Fehler analysiert. Die Laufzeitkomponenten für die Fahrzeugsystemplattform werden generiert und das angepasste Regelwerk an das Fahrzeug übermittelt. Der Dienst selbst kann beim Hersteller verbleiben und im Fahrzeug als Offboard-Dienst genutzt werden. Alternativ kann der Dienst aber auch im Fahrzeug oder einem mobilen Endgerät installiert werden. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt dieses Aufsatzes ist der Aufbau des Regelwerks und seine Wirkungsweise auf das Kommunikationsverhalten der Infotainment-Komponenten. Durch Setzen von Filtern kann eine situationsabhängige Regelung der Kommunikation erfolgen. Dadurch unterscheidet sich das Entscheidersystem von allen gängigen Ressourcenmanagern. Es ist darüber hinaus in der Lage umfangreichere Maßnahmen einzuleiten, wenn beispielsweise Nachrichten umgeleitet oder gepuffert werden sollen. Durch die Abbildung des XML-Regelwerks auf Petrinetze werden zum einen die kausalen Zusammenhänge zwischen den Regeln sichtbar, was die Systementwicklung deutlich vereinfacht. Zum anderen stehen nun die Werkzeuge der Netztheorie zur Verfügung, die für die Eigenentwicklung von Analysealgorithmen Ideen gebend waren. Zur Spezifikation des Logikanalysators werden zunächst die Fehler kategorisiert, die in dem Regelwerk prinzipiell auftreten können. Anschließend werden die Merkmale herausgearbeitet, anhand derer die Fehler im Petrinetz-Regelwerk identifiziert werden können, bevor im letzten Schritt die Algorithmen zur Fehleranalyse entwickelt werden. Mit der in diesem Aufsatz vorgestellten Infotainment-Systemarchitektur ist es dem Fahrzeughersteller nun möglich, dem Kunden ein Dienstportfolio anzubieten, was stets den aktuellen Kundenbedürfnissen angepasst ist.