Becker, U.; Ständer, T.:
Eine vergleichende Betrachtung globaler Sicherheitsstandards für Verkehrssysteme.
In: Plödereder, E.; Keller, H.; Dencker, P.; Tonndorf, M., Hrsg.: Automotive - Safety & Security 2006 - Tagungsband, S. 173-182, Stuttgart, Oktober 2006.
Die Sicherheit von Verkehrsystemen, per Definition also die Wahrscheinlichkeit dass von einem
System während einer bestimmten Zeitspanne keine Gefahr ausgeht, bzw. dass das Risiko –
gekennzeichnet durch Schadenswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß – unter einem vertretbaren
Grenzrisiko bleibt, ist heutzutage in fast allen Branchen zunehmend technisch und wirtschaftlich
relevant und wird von der Gesellschaft als prior eingestuft [1]. Gleichzeitig nehmen die Anzahl und
die Komplexität sicherheitskritischer Systeme in modernen Verkehrsmitteln rapide zu. Während bis
vor wenigen Jahren beispielsweise der Ausfall eines Fahrzeugrechners im Automobil schlimmstenfalls
den Ausfall einer Funktion nach sich zog, wird bei zukünftigen Systemen eine fehlerhafte
Reaktion auf einen Defekt häufig auch ein Sicherheitsrisiko für die Fahrzeuginsassen und andere
beteiligte Verkehrsteilnehmer darstellen [2].
Bezogen auf heute gültige Normen und Richtlinien muss daher für jedes neu zuzulassende
Verkehrssystem, von dem potentielle Risiken ausgehen, eine Sicherheits- bzw. Risikoanalyse
durchgeführt werden. Ziel dieser in der Regel vom Betreiber zu erbringenden Analyse ist es,
mögliche Gefährdungen und Ereignisse, die potentiell zu Gefährdungen führen können, zu
identifizieren und zu bewerten. Im Anschluss an die Risikobewertung kann dem betrachteten
System eine Sicherheitsintegritätsstufe zugewiesen werden, woraus spezielle Sicherheitsanforderungen
resultieren [3].
Die Erfüllung bzw. den Grad der Erfüllung dieser Sicherheitsanforderungen
gilt es dann im Rahmen eines sich an die Risikoanalyse anschließenden Sicherheitsnachweises
zu dokumentieren. […Details zur Risikoanalyse und Sicherheitsnachweismethoden…]
Fakt ist, dass Verlässlichkeit und Sicherheit von Verkehrssystemen nicht ausreichend geprüft
werden können, sondern bereits in der Planung und Projektierung konstruiert werden müssen.
Um dieser Anforderung gerecht zu werden, und um die von sicherheitskritischen Systemen
ausgehenden Gefahren zu minimieren, wurden spezielle branchenspezifische Normen definiert,
welche sich vor allem bezüglich ihres Blickwinkels auf das zu entwickelnde System unterscheiden.
Die aktuell anhaltende Diskussion der derzeitig angewandten Sicherheitsstandards ist daher also
wenig verwunderlich.
Dieser Beitrag soll einen vergleichenden Überblick über die Normen, Richtlinien und Standards von Sicherheitsbetrachtungen bzw. Risikoanalysen im Umfeld der verschiedenen Verkehrsträger auf der Straße und auf der Schiene geben und vorhandene Grenzen bezüglich ihrer Anwendbarkeit aufzeigen. Auf die Verkehrsträger in der Luft- und Schifffahrt wird nur nebenläufig und nicht im Detail eingegangen werden. […die Normenlandschaft soll hier noch weiter hinterleuchtet werden…] Die wichtigste und am besten etablierte Norm in der umfassenden Normenlandschaft ist wohl immer noch die IEC 61508 [4] (s. Abb. 1).