Veröffentlichung

Krone, M.:
Entwicklung und empirische Evaluierung einer simulationsorientierten Anforderungserklärung für Betriebsleitsysteme.
Dissertation, TU Braunschweig, VDI Verlag Düsseldorf, ''4 1999.

Kurzfassung:

Die Entwicklung von Automatisierungssystemen für den spurgebundenen Verkehr ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe. Die Systeme kennzeichnen sich neben ihrer Komplexibilität durch ihre großen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit, Zuverlässigkeit, Wartbarkeit und Verfügbarkeit aus. Fehler in diesen Systemen haben mitunter große Auswirkungen. So können sie den Berufsverkehr in großen Teilen zum Stillstand bringen, wie dies 1997 in Hamburg durch einen Fehler in der Software des Leitsystems bei der Deutschen Bahn AG geschah. Im schlimmsten Fall können kleine Fehler sogar zu tödlichen Unfällen führen. Der zunehmend dichter und schneller werdende Verkehr auf den Strecken sowie die wachsenden Anforderungen der Fahrgäste an Pünktlichkeit fürht zu immer komplexeren Bedingungen bei der Überwachung und Disposition des Betriebsgeschehens. Aus diesen steigenden Kundenanforderungen und der Zunahme der Rechnertechnik folgten immer komplexere Softwaresysteme speziell im Bereich der Leitsysteme. Je weiter die Technik aber entwickelt wird, desto mehr Verantwortung muss auch sie übernehmen. Dies führt zu steigenden Sicherheits- und Qualitätsanforderungen bei der Entwicklung von Automatisierungssystemen für den Schienenverkehr. Die Kombination aus komplexen Softwaresystemen mit höchsten Sicherheitsanforderungen ergeben nun sehr komplizierte und herausfordernde Fragestellungen. Der hinzukommende Preiskampf auf dem internationalen Markt und die immer engeren Terminvorstellungen der Kunden zwingen die Hersteller, Verbesserungen in der Entwicklung vorzunehmen. Um diesen steigenden und hohen Anforderungen gerecht zu werden, müssen bei der Entwicklung der Automatisierungssysteme vielfältige Bedingungen, Regeln und Gesetze erfüllt und berücksichtigt werden. Dabei ist nicht nur das entstehende Produkt sondern auch der dazu führende Entwicklungsprozess von großer Bedeutung. Besonders in der Softwareentwicklung ist der Einfluss des Entwicklungsprozesse auf das Endprodukt allgemein anerkannt. Der Einfluss eines Entwicklungsprozesses auf das entwickelte Produkt wurde auch in dem europäischen Normungsgremium Commitée Européen de Normalisation Electrotechnique (CENELEC) erkannt und in den Normen mit Hilfe von Rahmenbedingungen umgesetzt. Diese Normen sollen die Erfüllung der anspruchsvollen Anforderungen unterstützen. Verbesserungen hinsichtlich der Kritierien Qualität, Dauer und Kosten bei der Entwicklung von Automatisierungssystemen können besonders gut im Bereich des Entwicklungsprozesses vorgenommen werden. Der Prozess kann und sollte ganz bewusst überdacht und verbessert werden. Einen der wichtigsten Ansatzpunkte für Verbesserungen stellt die Phase des Requirements Engineering dar, in der die BAsis für eine erfolgreiche Entwicklung gelgt wird. In dieser frühen Entwicklungsphase werden die Kundenanforderungen gesammelt, ermittelt und analysiert. Die eingängige Meinung der Bedeutung dieser frühen Phase für den Ablauf des gesamten Systementwicklungsprozesse, aber auch für dessen Ergebnis, ist bislang in der Literatur hinreichend diskutiert und akzeptiert worden. Mangelnde Abstimmungen in dieser Phase führen zu umfangreichen und aufwendigen Änderungswünschen, zumal sie meist erst sehr spät bei der Entwicklung entdeckt werden. Aussagekräftig hierzu ist auch die in [Hab98] genannte Untersuchung des TechnicalCommitee 65 des IEC von Störfällen, bei denen in 44,1 % der Fehler der Herd- und Software in der mangelnden Spezifikation begründet waren. Obwohl die Bedeutung dieser Phase seit Jahren allgemein akzeptiert wird, stellen sich in der Praxis immer wieder große Schwierigkeiten ein, wenn hier Verbesserungen vorgenommen werden sollen. Ein Grund hierfür kann die sehr große Lücke zwischen Forschung und Praxis sein. Forschungorientierte Ansätze werden häufig gar nicht oder nur im universitären Bereich evaluiert. Erst seit den letzten zwei Jahren kann auf dem Gebiet des Requirements Engineering eine Änderung erkannt werden.