Forschung

Die Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe "Angewandte Pflanzenbiologie" sind breit gefächert und reichen von rein grundlagenwissenschaftlichen Untersuchungen bis hin zu praxisorientierten Forschungsprojekten. Im Zentrum der Arbeiten stehen pflanzenphysiologisch-biochemische und molekularbiologische Forschungen zur Stressphysiologie und zum pflanzlichen Sekundärstoffwechsel. Die dabei verwendeten Versuchspflanzen sind meist wichtige Nutzpflanzen. Dadurch sind viele der Forschungsarbeiten im interdisziplinären Bereich zwischen Pflanzenbiologie, Lebensmittelchemie, Pharmazie und Agrarwissenschaften angesiedelt.

Pflanzenbiologie der Nachernteprozesse (Post Harvest Physiology)

Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt sind die Arbeiten zur Aufklärung der Stoffwechselvorgänge, die im Zuge der Nachernte-Prozesse in Kaffeesamen stattfinden. Wir konnten nachweisen, dass sowohl Keimungsprozesse als auch stressinduzierte Reaktionen für die Qualitätsprägung des Rohkaffees verantwortlich sind. Diese sehr erfolgreichen Forschungen zur Rohkaffeeaufarbeitung haben letztendlich ein Umdenken (Paradigmenwechsel) in der Kaffeeindustrie bewirkt und dazu geführt, neue Verfahrungen einzusetzen, bzw. zu optimieren. Aufbauend auf diesen Erfahrungen wird zurzeit der Stoffwechsel in Gerstensamen untersucht, um durch Modifikation des Mälzprozesses auch die Malzqualität verbessern zu können.

Pflanzlicher Sekundärstoffwechsel

Die Erforschung des Pflanzlichen Sekundärstoffwechsels hat in der Arbeitsgruppe eine lange Tradition. Bei unseren wissenschaftlichen Arbeiten zum Metabolismus cyanogener Glucoside konnten wir nachweisen, das cyanogene Glucoside, denen eine große Bedeutung für die pflanzliche Abwehr zukommt, innerhalb der Pflanze verlagert werden. Dabei werden durch Anheften eines Glucose-Moleküls spezielle Transport-Metabolite gebildet, die innerhalb der Pflanze verlagert werden können, ohne dass die Substanzen dabei hydrolysiert werden. In aktuellen Forschungsprojekten wird zurzeit untersucht, ob und inwieweit analoge Transport-Mechanismen bei der Verlagerung von Glucosinolaten relevant sind. Ein weiteres, aktuelles Forschungsgebiet betrifft die Monoterpene, denen in vielen Gewürzpflanzen eine große Bedeutung als qualitätsbestimmende Merkmale zukommt.

Trockenstress

Die wissenschaftliche Bearbeitung der Stoffwechselvorgänge, die in Pflanzen ablaufen, wenn sie Trockenstress ausgesetzt sind, hat sich zu einem zentralen Forschungsgebiet unserer Arbeitsgruppe entwickelt. Basierend auf dem Sachverhalt, dass Pflanzen unter Stressbedingungen massive Probleme haben, überschüssige Energie abzuführen (dissipieren), muss angenommen werden, dass die durch den Stress erhöhte Reduktionskraft der Zelle dazu führt, dass generell alle Synthesen reduzierter Verbindungen, wie z.B. auch die pflanzlicher Sekundärstoffe, erhöht werden. Diese Zusammenhänge werden zurzeit in mehreren Forschungsprojekten untersucht, bei denen die Verbesserung der Qualität von Gewürzt- und Arzneipflanzen im Mittelpunkt des Interesses steht. Sowohl für diese Arbeiten als auch für andere grundlagenwissenschaftlich ausgerichtete Arbeiten sind verlässliche Stress-Marker erforderlich. In diesem Zusammenhang kommt der Expression stressspezifischer Proteine wie z.B. den Dehydrinen oder der Akkumulation von Stress-Metaboliten wie der γ-Aminobuttersäure (GABA) eine besondere Aufmerksamkeit zu. Da die Marker auch wichtige Instrumente bei der Erfassung von Stoffwechselprozessen sind, die im Zuge der Nachernteprozesse, z.B. bei der Trocknung von Rohkaffee oder bei der Malzproduktion, eine wichtige Rolle spielen, resultiert aus diesen Ansätzen eine sehr enge Verzahnung der einzelnen Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppe.

Neue methodische Ansätze

Bei der Erforschung der pflanzlichen Reaktionen auf Trockenstress ist eine verlässliche Methode zur Bestimmung des jeweils aktuellen Wassergehaltes der Zellen unabdingbar. Leider sind die meisten der zurzeit verfügbaren und relevanten Methoden destruktiv, d.h. die Pflanzen bzw. deren Organe und Gewebe werden bei der Messung zerstört. In Kooperation mit Kollegen aus der Elektrotechnik wird ein völlig neuer methodischer Ansatz entwickelt: unter Nutzung von Terahertzwellen wird eine nicht-destruktive, berührungsfreie Methode zur Bestimmung des Blattwassergehaltes entwickelt. Zurzeit wird der Prototyp unter praxisnahen Bedingungen im Rahmen der anderen oben aufgeführten Forschungsschwerpunkte getestet, so dass die sehr enge Verzahnung der einzelnen Forschungsprojekte noch weiter gesteigert wird.