Tag der Beratung 2018

Prüfungsangst und Prokrastination zählen zu den häufigsten studienbezogenen psychologischen Beratungsanlässen. Beide Themen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit selbstbezogenen Kognitionen der Studierenden (z. B. dem Selbstwertgefühl und der Selbstbeziehung) sowie bestimmten Emotionen, die mit dem Studium oder den Prüfungen verbunden sind.
Neurophysiologisch betrachtet lassen sich Kognition und Emotion kaum trennen, weil die jeweiligen Gehirnbereiche in sehr starker Wechselwirkung stehen. Z. B. haben emotionale Prozesse einen starken Einfluss auf kognitive Prozesse. Untersuchungen zeigen zudem, dann an der Entstehung und dem Ausdruck von Emotionen vor allem der Körper eine wichtige Rolle spielt. Beratung zu diesen Themen sollte daher die Wechselwirkungsprozesse von Emotionen und Kognitionen berücksichtigen und entsprechende Interventionstechniken beinhalten.

Im Vortrag werden hierfür zwei Techniken vorgestellt:
Das Klopfen, aus der Gruppe der bifokal-multisensorischen Interventionen, gilt aktuell als state-of-art bei jeder Form von Beratung zu Ängsten und emotional stark belastenden Themen. Die Wirksamkeit ist empirisch gut belegt. Bei dieser Methode werden, parallel zur Aktivierung eines Stressbilds (z. B. Gedanken an eine Prüfung), bestimmte sensorische Reize gesetzt, wodurch es zu einer neuropsychologischen Umstrukturierung kommt.
Die neuentwickelte Imperativ-Transformations-Technik (ITT) setzt an basalen subjektiven Beliefs der KlientInnen an (z. B. "Ich darf keine Fehler machen!" / "Ich muss perfekt sein!"). Solche subjektiven Imperative sind oft Ausgangspunkt von dysfunktionalem Perfektionismus und Prokrastination. Die ITT ermöglicht eine prozessorientierte mentale Umformung der Imperative und bewirkt die Aufhebung der damit verbundenen inneren Blockaden.
Beide Techniken wurden theoretisch erklärt und ausführlich live demonstriert. Die Zuhörenden konnten für die Live-Demonstration eigene Anliegen einbringen.

Dr. Timo Nolle (Jg. 1980) ist Erziehungswissenschaftler (Schwerpunkt Lehrerbildung), systemischer Therapeut und systemischer Lehrtherapeut (i.A.). Er arbeitet an der Universität Kassel und im Systemischen Institut Mitte. Als Experte für Prüfungsangst und psychische Blockaden in Lern-/Leistungskontexten bietet er an der Universität Kassel und in freier Praxis Coaching und Beratung an (www.timo-nolle.de). Zusätzlich leitet er die Fortbildung PAC: Prüfungs- und Auftrittscoaching.

Onlineberatung über E-Mail, Chats, Foren, Beratungstools oder sogar Messenger, wie WhatsApp, sind seit Jahren bereits in der psycho-sozialen Beratung Standard. Andere Beratungsfelder wie beispielsweise die (Weiter-)Bildungs- oder Studienberatung, zögern aktuell noch diese Form der Kommunikation einzusetzen.
Doch warum ist dies so? Was unterscheidet Online- von Präsenzberatung? Und ist erstere vielleicht nur für eine bestimmte Zielgruppe geeignet? Vor allem aber: Wie ändern sich Interaktion und Kommunikation zwischen Berater*in und Ratsucher*in, wenn das Gespräch online geführt wird?

Im Vortrag wurde aufgezeigt, was unter Beratung im Allgemeinen und Onlineberatung im Speziellen verstanden werden kann, was mit asynchroner und synchroner Kommunikation gemeint ist und welche Vor- und Nachteile diese jeweils kennzeichnen. Dabei hat die Referentin auch erläutert, welche Rahmenbedingungen für gelungene Onlineberatung notwendig sind. Des Weiteren ging sie darauf ein, wie Berater*innen den Informationsverlust durch fehlende nonverbale Kommunikation ihres Gegenübers bei Beratungen über E-Mail, Chat usw. kompensieren können, um Missverständnissen vorzubeugen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Fragestellung, wie Nähe durch Distanz geschaffen werden kann und ob eine vertrauensvolle Atmosphäre online überhaupt möglich ist. Anschließend stand die Referentin für eine Diskussion zu diesem Thema zur Verfügung.

Janine Gunzenheimer (Jg. 1986) ist Diplom-Pädagogin (Schwerpunkte: Erwachsenen-/Weiterbildung, Soziologie), zertifizierte Leiterin von Alphabetisierungskursen und Bildungsberaterin (RQZ). Sie arbeitet als pädagogische Mitarbeiterin für die Ada-und-Theodor-Lessing-Volkshochschule Hannover. Dort ist sie in den beiden hauseigenen Bildungsberatungsstellen als Beraterin tätig und betreut die Website der VHS Hannover. Außerdem führt sie Schulungen für Lehrkräfte zum Unterrichten mit Interactive Whiteboards und digitalen Lehrwerken durch.